Neue Liftpläne auf Tiroler Gletscher sorgen für Kritik
Anfang 2020 haben die Projektwerber ein Vorhaben auf Eis gelegt, dass über die Grenzen von Tirol hinaus Wellen geschlagen hat. Unmittelbar vor der ersten UVP-Verhandlung für einen Zusammenschluss des Pitztaler und das Ötztaler Gletschers wurde das Verfahren ruhend gestellt.
Drei neue Seilbahnen und 64 Hektar neuer Pisten hätten ungeachtet des fortschreitenden Klimawandels in die teilweise noch unberührte Gletscherlandschaft gebaut werden sollen. Symbolhaft für die notwendigen Eingriffe in die Natur stand die geplante Sprengung einer Gratspitze.
Die Pandemie und die damit verbundenen Unwägbarkeiten, wie sich diese langfristig auf das Geschäft auswirken wird, scheint insbesondere den Pitztaler Gletscherbahnen – sie müssten den Großteil der 132 Millionen Investitionskosten aufbringen – die Lust an dem Projekt verhagelt zu haben.
"Die Investitionsbereitschaft in Zeiten von Corona ist ein Thema der Gesellschafter, man wird sich die heurige Wintersaison anschauen", meinte Geschäftsführerin Beate Rubatscher-Larcher im vergangenen Spätsommer auf Anfrage dazu.
10er-Gondelbahn
Eine ausgefallene Wintersaison später werden nun jedoch im ebenfalls von ihr betriebenen Skigebiet am Kaunertaler Gletscher Ausbaupläne konkret: Kommenden Donnerstag findet eine erste mündliche Verhandlung der Abteilung Umweltschutz zur Errichtung einer neuen 10er-Gondelbahn auf das Weißseejoch statt. Rubatscher-Larcher war am Freitag nicht für eine Stellungnahme erreichbar.
"Aus unserer Sicht sind Projekte im Hochgebirge und insbesondere in einem Gletschergebiet schon aus ökologischer Sicht kaum mehr vertretbar", sagt Walter Tschon von der Landesumweltanwaltschaft, die Parteienstellung in dem Verfahren hat, auf Anfrage. "Es sind schon gewaltige Eingriffe für dieses Seilbahnprojekt zusätzlich notwendig", sagt er.
Neben dem Bau der Liftanlagen sind eine neue Piste und ein Skiweg geplant, Lawinenverbauungen wären notwendig, ein Bach müsste verlegt werden. All das in einem hochsensiblen alpinen Raum.
"Nicht zukunftsfähig"
"Wenn ich in dieser Höhenlage Baumaßnahmen setze, dauert die Regenerationsphase für die Natur mehrere Generationen", erklärt Tschon. "Wir sehen solche Erschließungen als nicht mehr zukunftsfähig an und daher: Komfortverbesserungen ja, Erweiterung des Skigebiets werden dezidiert abgelehnt." Das derzeitige Vorhaben überschreitet aber die Grenzen des Skigebiets.
Dass der Klimawandel vor den Gletschern nicht halt macht, zeigt nicht nur der alljährliche Bericht des Österreichischen Alpenvereins. Er macht sich auch in Form der massiven Baumaßnahmen bemerkbar, die Betreiber solcher Skigebiete jeden Sommer setzen müssen, um dem Wandel gegenzusteuern.
Das Auftauen des Permafrosts lässt Hänge und Felswände bröckeln, die wieder gesichert werden müssen. Gebäude und Liftstützen sacken ab. Sich auftuende Gletscherspalten müssen zugebaggert werden. Kurzum: Gletscherskigebiete sind in den warmen Monaten Mega-Baustellen.
Die neue Gondelbahn am Kaunertaler Gletscher war ursprünglich als Teil eines Brückenschlags ins benachbarte Südtirol gedacht. Die dortige Landesregierung erteilte dem Projekt eines Skigebietszusammenschlusses Kaunertal-Langtaufers jedoch vor fast genau einem Jahr eine Absage. Die neue Bahn auf Tiroler Seite könnte diesen Plänen jedoch wieder neues Leben einhauchen, befürchten Naturschützer nun.
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