Pillenwälzer, Brillenschaf und Pinscher sind Natur des Jahres 2024
Doppelt hält besser: Heuer bittet nicht nur Arche Austria mit dem Kärntner Brillenschaf und dem Österreichischen Kurzhaarpinscher – traditionell – zwei „Nutztiere des Jahres“ vor den Vorhang. Auch aus der artenreichsten Klasse der Tiere stehen 2024 – einmalig – gleich zwei „Insekten des Jahres“ im Rampenlicht; Scheinwerfer auf Pillenwälzer und Stierkäfer.
Von Alien (Japanischer Staudenknöterich) über Einzeller (Cafeteria), Mineral (Magnesit), Pilz (Steppen-Koralle), Reptil (Kreuzotter), Streuobstsorte (St. Veiter Pfelzkirsche) bis nicht zuletzt Wassertier (Schleie) heben Naturschützer und Wissenschaftler alljährlich einen Vertreter „ihrer“ Tier- bzw. Pflanzenwelt hervor, um auf die heimische Biodiversität aufmerksam zu machen.
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„Wir wollen teils unbekannte Arten in den Vordergrund rücken, auf Gefährdungen hinweisen, manchmal auch auf Besserungen ihrer Lebensbedingungen“, erklärt Dagmar Breschar vom Naturschutzbund Österreich, der Sammelstelle für die Auserwählten ist.
„Auf den Stierkäfer haben sich Entomologen aus Deutschland, der Schweiz und Österreich geeinigt“, sagt Breschar. Denn Typhaeus typhoeus ist im Ökosystem unverzichtbar. Die schwarz glänzenden Mistkäfer sorgen dafür, dass frischer Kot, v.a. von Säugern, innerhalb weniger Tage von der Bodenoberfläche verschwindet.
Damit schließen sie den Nährstoffkreislauf zugunsten des Pflanzenwachstums. Zudem halten die Krabbler, die das 1.000-fache ihres Körpergewichts transportieren können, mit ihrem Appetit auf Würmer und Fliegeneier aus Exkrementen Parasiten in Schach. Schließlich reduzieren sie Treibhausgase aus Kuhfladen.
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Doch um den gehörnten Kotfresser steht es schlecht: Durch den Rückgang an Weidetieren bleibt auch er auf der Strecke.
Der Pillenwälzer ist Insekt des Jahres in Österreich
„Der Pillenwälzer ist ebenfalls selten, hat aber in Österreich mehr Relevanz“, begründet Breschar die Kür von Sisyphus schaefferi zum zweiten „Insekt des Jahres“. Obwohl nicht verwandt, nütze der Blatthornkäfer vergleichbare Ressourcen auf ähnliche Weise.
So schneiden und formen auch Pillenwälzer aus Kotbrocken Kugeln, die sie zum Schutz vor Konkurrenten meterweit in Sicherheit rollen. An den „Futterbirnen“ fressen sie sich satt, „Brutbirnen“ dienen der nächsten Generation als Zuhause und Nahrung.
Vor Jahrzehnten waren die bis zu 12 mm kleinen Sechsfüßer im Osten Österreichs noch gut unterwegs. Heute sind sie v.a. durch Antiparasitika, mit denen Nutztiere (vorsorglich) behandelt werden, gefährdet.
„Mit dem Kärntner Brillenschaf wollten wir aufzeigen, dass es sehr erfolgreiche Zuchtgeschichten gibt“, begründet Elisabeth Wögerbauer den Mehrheitsbeschluss der Arche Austria-Mitglieder. Das große „Nutztier des Jahres“ war bis zum Zweiten Weltkrieg in der Region Südkärnten – Friaul – Slowenien weitest verbreitet. Dann verdrängte das rein weiße Schaf das Weiße mit der schwarz-braunen „Brille“.
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Vor etwa 30 Jahren wurden mühsam 21 weibliche und sieben männliche Exemplare ausfindig gemacht. Mittlerweile sorgt die widerstandsfähige Rasse wieder in allen Bundesländern für Lämmer – und vorzügliches Fleisch.
„In der Kategorie Kleintiere ist es der Österreichische Kurzhaarpinscher geworden. Er ist der einzige heimische Nichtjagdhund“, sagt Wögerbauer. Der semmelfarbige Allrounder ist der geborene Hofhund: genügsam und robust, rege im Hof-Bewachen und aufmerksamer beim Beschützen von Federvieh.
Heute gibt es weltweit rund 1.500 Österreichische Kurzhaarpinscher, knapp 1.000 davon leben zwischen Boden- und Neusiedler See.
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Früher fingen die „Rattler“ Ratten. Von einer Jagd auf Feldhamster ist nichts bekannt. Das hätte dem „Tier des Jahres 2024“ nicht gefallen.
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