Nach Vorfall mit Waffe in Hörsaal: Unis rüsten sich gegen Gewalt

Ein Hörsaal mit Studierenden während einer Vorlesung.
Auch in sozialen Netzwerken gab es zuletzt Drohungen gegen Uni-Personal: Studierende und Professoren fordern mehr Sicherheit.

Ein Physikstudent kam im Oktober mit geladener Pistole in eine Vorlesung an der Uni Wien. Zuvor war er auf Social Media mit Gewaltfantasien gegenüber dem Islam aufgefallen.

Die Waffe besaß er zwar legal – die Waffenbesitzkarte erlaubte es ihm aber nicht, die Pistole auch zu tragen. Dennoch durfte er sie wieder mit nach Hause nehmen. Erst die zuständige Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf nahm ihm die Waffe ab.

Die Unis wollen sich jetzt gegen Gewalt wappnen.

Nach dem Vorfall mit der Waffe sprach die Universität Wien ein Hausverbot gegen den Studenten aus. „Zu spät“, kritisiert die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) in einem offenen Brief an die Uni Wien

Die Uni habe eine Woche vor der Öffentlichkeit Bescheid gewusst und das Hausverbot erst nach dem zweiten bewaffneten Vorlesungsbesuch des Studenten ausgesprochen. Zudem seien die Studenten schlecht informiert worden, manche gar aus Angst den Vorlesungen fern geblieben. Auf der Uni Wien versteht man die Aufregung nicht, Studierende seien informiert worden. Zudem hätten die bestehenden Sicherheitsstrukturen gegriffen.

Um es gar nicht so weit kommen zu lassen, fand an der Technischen Universität am Donnerstag die Informationsveranstaltung „Sicherheit in der Lehre“ statt. Denn es komme immer häufiger vor, dass Lehrende von Studenten, etwa per eMail, bedroht werden. Aktuell kommt es auch vermehrt zu Drohungen in sozialen Medien.

Professorin gestalkt

Derzeit liege sogar ein Fall vor, in dem eine Professorin bis nach Hause verfolgt wurde. Die Studentin habe Sturm geläutet und versucht in die Wohnung einzudringen. Sogar die Kinder der Professorin sollen laut TU-Sprecherin Bettina Neunteufl von der mutmaßlichen Stalkerin angesprochen und fotografiert worden sein.

Auslöser für derartige Reaktionen können recht banaler Natur sein. „Benotungen, Schwierigkeiten bei Prüfungen oder das Volumen des Prüfungsstoffes können bei der Prüfungseinsicht oder im Hörsaal zu verbalen Übergriffen führen“, erzählt Neunteufl. Sollte es bei Beleidigungen bleiben, wird im ersten Schritt der Dialog mit den aufgebrachten Studierenden gesucht. Deeskalierende Gespräche hätten sich bisher meist als effektiv erwiesen. Das Universitätsgesetz sieht aber auch härtere Schritte vor. Diese reichen vom Hausverbot bis zum Studienausschluss. Auf der TU können Vortragende zudem Lehrveranstaltungen absagen, oder Studierende vom Sicherheitsdienst entfernen lassen, wenn sie sich unsicher fühlen.

Damit im Lehrbetrieb alle ihre Rechte kennen, setzt die TU verstärkt auf Information und Prävention. Nach der Veranstaltung für Mitarbeiter ist eine für Studierenden angedacht. Insgesamt sollen Fälle wie jener des bewaffneten Physikstudenten oder der Stalkerin auch weiterhin die Ausnahme darstellen.

Die Fassade der Technischen Universität Wien in der Operngasse 11.

Polizeieinsätze sind im Uni-Alltag eine Seltenheit. Die TU möchte aber für Ernstfälle vorbereitet sein

Deswegen war am Donnerstag auf der TU ein Experte aus dem Sicherheitsbereich zu Gast. Bezirksinspektor Michael Felsberger, der im Landeskriminalamt für Kriminalprävention und Opferschutz zuständig ist, empfiehlt den Professoren, soziale Netzwerke auf „privat“ zu stellen und aufzupassen, was man von sich preisgibt.

Sollte es zu Stalking kommen, empfiehlt der Polizei-Experte, den Kontakt völlig zu stoppen und Anzeige zu erstatten. Ein Stalking-Tagebuch kann als Protokoll dienen und helfen, damit umzugehen. Screenshots können als Belege verwendet werden. Grundsätzlich ist der Experte aber zuversichtlich: „Die Lehrenden gehen sensibel mit der Thematik um und sind gut gerüstet.“

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