Nach Fall Lauda: Im Notfall gibt es keine Zwei-Klassen-Medizin

Nach Fall Lauda: Im Notfall gibt es keine Zwei-Klassen-Medizin
Bei Akut-OPs, wie im Fall von Niki Lauda, sind alle Patienten gleich. Bei anderen Eingriffen ist das System undurchsichtig.

Der bisherige Verlauf sei „sehr, sehr erfreulich“ – so kommentierten die behandelnden Ärzte am Mittwoch den Zustand des derzeit prominentesten Patienten Österreichs im Wiener AKH: Die Genesung Niki Laudas sei sechs Tage nach seiner Lungentransplantation „genau im Ziel“.

Einen „Promi-Faktor“ habe es nicht gegeben, betonten Laudas Ärzte am Mittwoch in einer Pressekonferenz. „Die Person Lauda ist etwas Besonderes, aber der Patient Lauda ist ein Patient wie jeder andere auch.“ Derzeit liegt die Wartezeit im Akutfall bei durchschnittlich fünf Tagen, droht keine Lebensgefahr, bei etwa sechs Monaten, sagt Laudas Operateur Walter Klepetko.

Niki Lauda auf dem Weg der Besserung

Der Name eines Patienten sollte laut Gesetz aber nicht nur bei Akutfällen keine Rolle spielen, sondern auch bei planbaren Operationen. Die Wartezeiten an den Spitälern – etwa für Hüftoperationen oder Eingriffe bei Patienten mit Grauem Star – betragen mitunter etliche Wochen (siehe Grafik). Sonderklassepatienten sind auf diesen Wartelisten allerdings kaum bis gar nicht zu finden.

Umweg über Privatarzt

„Die Interpretation, dass Sonderklassepatienten bevorzugt werden, ist denkbar“, sagt Patientenanwalt Gerald Bachinger. Er hat 2014 an einem VKI-Test mitgewirkt, der gezeigt hat, dass Patienten über Privatordinationen eines Spitalsarztes zu früheren OP-Terminen kommen. Durch die Zahlung eines Privathonorars kamen die Tester in fünf von zwölf Fällen auf die Überholspur.

„Das war früher ein Kavaliersdelikt. Dabei geht das in Richtung Korruption“, sagt Bachinger, der aber vermutet: „Die mediale Diskussion hat, glaube ich, dazu geführt, dass es zu einem Unrechtsbewusstsein bei den Ärzten gekommen ist.“

Dieter Holzweber, Pressesprecher des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger, ist da weniger optimistisch. „Das ist nach wie vor Usus. Spitalsärzte haben ihre Ordinationen, damit sie Patienten einen früheren OP-Termin geben können“, erhebt Holzweber einen schweren Vorwurf.

Wie sehr die Zwei-Klassen-Medizin in Spitälern am Vormarsch ist, lässt sich nur schwer durchblicken. Die Ärzte beurteilen schließlich selbst, ob eine medizinische Notwendigkeit besteht, dass aus einer aufschiebbaren Operation eine dringend notwendige wird.

Beim Wiener Krankenanstaltenverbund ( KAV) schließt man solche Methoden aus. „Sonderklasse-PatientInnen werden ebenso wie alle anderen nach medizinischer Dringlichkeit gereiht“, versichert KAV-Sprecher Johann Baumgartner. Der Anteil dieser Patienten auf den Wartelisten sei „bei diesen Operationen proportional zu anderen“.

An Transparenz mangelt es auch nach wie vor, wenn Patienten sich einen Überblick über die OP-Wartezeiten von Spitälern machen wollen. „Da gibt es noch Aufholbedarf“, sagt Bachinger. Zentrale Plattformen, auf denen zumindest die Wartezeiten für die wichtigsten Eingriffe an Spitälern in den Bundesländern zu finden sind, sind kein Standard. Am leichtesten sind die Informationen derzeit bei den öffentlichen Krankenanstaltenträgern in NÖ, aber auch in Wien und Tirol abrufbar. In Oberösterreich wird lieber darauf verwiesen, wo die Wartezeiten am kürzesten sind.

Die Zwei-Klassen-Medizin zeigt sich aber längst nicht nur bei der Frage, wie lange ein Patient auf eine Operation warten muss. Auch im niedergelassenen Bereich kommen Besserverdiener schneller zum Zug. „Die Wahlarztpraxen boomen. Also muss es auch einen Markt geben“, sagt Patientenanwalt Bachinger.

Österreichweit gibt es laut Hauptverband über 8000 Allgemeinmediziner und Fachärzte mit Kassenvertrag. Demgegenüber stünden rund 10.000 Wahlärzte. „Versorgungswirksam sind allerdings nur 5,2 Prozent“, sagt Holzweber. Darunter fallen für die Krankenkassen nur jene Ordinationen, bei denen über die Kassenrefundierung jährlich mehr als 100.000 Euro verrechnet werden.

Besonders gefragt sind laut dieser Statistik Gynäkologen und Psychiater, von den 14 bzw. 13 Prozent der Wahlärzte als versorgungsrelevant eingestuft werden. Dafür ist laut Holzweber vermutlich die Tatsache verantwortlich, dass in diesen Bereichen das Vertrauensverhältnis bei der Arztwahl eine besonders große Rolle spielt. Bei Haut- und Zahnärzten, die ebenfalls in der Statistik hervorstechen, sieht das anders aus: „Hier gibt es sicher im Kassenbereich teilweise lange Wartezeiten.“

Nach Fall Lauda: Im Notfall gibt es keine Zwei-Klassen-Medizin

„Keine freie Wahl“

Das ist für Bachinger ein besorgniserregender Trend. „Das zeigt, dass Patienten in manchen Bereichen keine freie Wahl mehr haben, sondern aufgrund von Wartezeiten zum Wahlarzt gezwungen werden.“

Lauda auf dem Weg der Besserung

Kommentare