Museumsdirektorin warnt: „Geschichte darf man nicht unsichtbar machen“

Museumsdirektorin warnt: „Geschichte darf man nicht unsichtbar machen“
Empörung über Umbau des Hitlerhauses, weil Mahnstein entfernt werden soll. Direktorin des Hauses der Geschichte in Wien fordert einen runden Tisch.

Das Innenministerium will das Geburtshaus Adolf Hitlers in Braunau bis 2023 umbauen und „neutralisieren“. Jeder Bezug zu Hitler soll verschwinden – und das betrifft offenbar auch den Mahnstein aus dem KZ Mauthausen, der 1989 zu Hitlers 100. Geburtstag vor dem Haus aufgestellt wurde (siehe Bild oben)

Bei der Präsentation der Umbau-Pläne am Dienstag sagte Sektionschef Hermann Feiner an der Seite von Innenminister Karl Nehammer, der Stein soll ins Haus der Geschichte wandern. Er erklärte: Wer sich seriös mit der Thematik befassen möchte, könne ja nach Wien fahren.

Davon hält man vor Ort allerdings wenig. Monika Sommer, Direktorin des Hauses der Geschichte, empfiehlt im KURIER-Gespräch einen sensiblen Umgang: „Gedenksteine haben eine wesentliche Aufgabe in der Gesellschaft. Ich rate zu einem runden Tisch. An diesem Symbol etwas zu verändern, braucht einen breiten Konsens.“

Museumsdirektorin warnt: „Geschichte darf man nicht unsichtbar machen“

Monika Sommer, Direktorin des Hauses der Geschichte in Wien

Die Umbau-Pläne folgen den Empfehlungen einer Kommission, die 2016 vom Innenministerium eingesetzt wurde. Laut internem Protokoll wurde von der Kommission auch „eine bessere Lösung“ für den Mahnstein gefordert – es sei noch nicht ganz klar, wie „Neo-Nazi-Tourismus“ zu verhindern sei.

In den Endbericht ist das aber nicht eingeflossen. Entsprechend groß war die Überraschung über den Vorstoß des Sektionschefs. Gedenk-Verbände protestieren laut, auch Grüne und SPÖ sprechen sich für einen Verbleib des Mahnmals aus.

Gegen "Neutralisierung"

Die Verbände stoßen sich ganz generell an der geplanten „Neutralisierung“ – und auch die Direktorin des Hauses der Geschichte betont: „Geschichte darf man nicht unsichtbar machen.“

Die Pläne stehen zwar fest, die Diskussion um das Hitlerhaus dürfe damit aber nicht beendet sein, sagt Sommer: „Im Sinne eines adäquaten Umgangs sollte man nun besprechen, was es an diesem Ort braucht.“ Denkbar wäre für sie etwa eine neue Gedenktafel am Hitler-Geburtshaus, dessen Fassade wieder in den Zustand vor Hitlers Geburt 1889 verwandelt werden soll.

Angesichts der Tatsache, dass nun die Polizei dort einziehen soll, regt Sommer an, auch die Rolle der Polizei in der NS-Zeit zu thematisieren.

Stadt entscheidet selbst

Was der Sektionschef über den Mahnstein sagte, ist tatsächlich nur als Anregung zu verstehen: Das Hitlerhaus gehört zwar der Republik, der Stein steht aber auf öffentlichem Boden und gehört der Stadtgemeinde Braunau.

Bürgermeister Johannes Waidbacher (ÖVP) sagt: „Wenn man die Grundintention der Neutralisierung konsequent weiterverfolgt, erhebt sich auch die Frage nach dem Mahnstein.“ Diese Frage will er nun politisch abstimmen.

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