Emra I. wurde in Österreich geboren. Als Sohn einer bosnischen Familie. Hört man sich in der Heimatgemeinde des Burschen um, in dem die Familie in einem schmucken Einfamilienhaus in einer kleinen Siedlung erst seit Kurzem gelebt haben soll, ist es vor allem eines, was einem entgegenschlägt: Schweigen.
"Es geht um sensibel Daten und den Schutz der Familie, darum wollen wir zu dem Fall aktuell nicht sagen. Es geht auch um den Schutz der Bevölkerung", sagt Neumarkts Bürgermeister, David Egger (SPÖ) im Gespräch mit dem KURIER.
Ähnlich sind die Reaktionen bei Staatsanwaltschaft Salzburg und dem Landesgericht. "Wir geben keine Medienauskünfte. Vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt."
Hausdurchsuchung während Morgengebet
Denn ja, Emra I. war polizei- und amtsbekannt. Im vergangenen Jahr kommt der Bursche wegen "Propaganda einer Terrororganisation" ins Visier der Behörden. Auf seinem Handy sollen Daten und ein Computerspiel sichergestellt worden sein, die eine Nähe zu islamistisch-terroristischem Gedankengut bezeugen.
Gewalt in Schule
Auf dem Computerspiel, das sich über soziale Kanäle unter IS-Sympathisanten verbreitet hatte, sollen laut Informationen der APA Tötungsszenarien der Terror-Miliz nachgestellt worden sein. Auf die Handy-Inhalte waren die Strafverfolgungsbehörden aufmerksam geworden, nachdem der Jugendliche, damals als 16-Jähriger, Mitschüler attackiert haben soll. Im Zuge dieser Ermittlungen soll sein Handy sichergestellt und ausgewertet worden sein.
Doch es geht noch weiter: Es kommt sogar zu einer Hausdurchsuchung. Als die Polizei bei dem damals 17-Jährigen in den frühen Morgenstunden einmarschierte, soll dieser gerade sein Morgengebet durchgeführt haben. Seine Reaktion: Er empfand es als Angriff, dass er während der Zeremonie gestört wurde.
Doch sonst sollen offenbar keinen äußerlichen Veränderungen an dem Burschen bemerkbar gewesen sein. Kein Bart, keine weiten Hosen. Nichts.
Ein Verfahren wegen der Terror-Propaganda gegen den Burschen wurde schließlich 2023 eingestellt. Mit dem Bewährungshilfe-Verein Neustart dürfte der Bursche nicht in Berührung gekommen sein.
Wie verlief Radikalisierung?
Und so bleibt die große Frage, wie sich der Teenager in dem Jahr weiter radikalisiert hat – und warum er den Gedenktag zum Olympia-Attentat von 1972 zum Anlass für seine Tat genommen hat. Damals nahmen palästinensische Attentäter israelische Olympia-Teilnehmer als Geiseln. 17 Menschen starben.
Emra I. blieb offenbar unter dem Radar der Behörden. Von der heimischen Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) wurde der Bursche nicht beobachtet. Er zählte nicht zu den sogenannten Hochrisikogefährdern.
Allerdings lag dafür nach einem eingestellten Verfahren auch keine Notwendigkeit vor.
Viele Fragen sind in dem Fall noch offen. Die Ermittlungen werden in Deutschland nun von der Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) bei der Generalstaatsanwaltschaft München geführt.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sagte bei einer Pressekonferenz am Donnerstag: "München hat kurz den Atem angehalten. Es gab einige Momente des großen Bangens. Was kann passieren? Zum Glück ist es am Ende gut ausgegangen. Der Täter ist ausgeschaltet worden."
Schutz jüdischer Einrichtungen in Österreich
Der Zwischenfall hat auch Auswirkungen auf Österreich: Um ähnliche Angriffe aus jüdische bzw. israelische Einrichtungen in Österreich zu verhindern, werden die Sicherheitsmaßnahmen erhöht, wie Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) Donnerstag Nachmittag bekannt gab. "Gott sei Dank konnte ein Anschlag verhindert werden und Gratulation die bayerischen Polizisten, die unter Einsatz ihres Lebens Schlimmeres verhindert haben", sagt Karner.
Man sei in direktem Austausch mit den deutschen Kollegen. Einmal mehr betont der Innenminister, dass die Überwachung von Messenger-Diensten in der Ermittlungsarbeit nötig sei. "Damit Verdächtige überwacht, Terroristen verhaftet und Anschläge verhindert werden können."
Hausdurchsuchung: Polizeieinsatz im Salzburger Flachgau
Bis in den Abend hinein war am Donnerstag am Wohnsitz des zuletzt in der Flachgauer Gemeinde Neumarkt am Wallersee gemeldeten Österreichers eine Polizeiaktion im Laufen. Das bestätigte Chefinspektor Hans Wolfgruber von der Salzburger Landespolizeidirektion der APA.
Für die Bevölkerung in der 6.600 Einwohner-Gemeinde bestehe keine Gefahr, so der Salzburger Landespolizeidirektor Bernhard Rausch. Polizeisprecher Wolfgruber bestätigte den Einsatz und sprach von "routinemäßigen Hintergrundüberprüfungen" am Wohnsitz des 18-Jährigen. Wie viele Polizisten im Einsatz stehen, wollte er aus kriminaltaktischen Gründen nicht sagen, es sei aber schon ein großes Aufgebot. Dabei seien auch zahlreiche Experten und Spezialkräfte. Der Einsatz erfolge behutsam und mit großer Vorsicht, weil niemand wisse, was einen in den Räumlichkeiten erwarte. Man gehe bei der Überprüfung akribisch vor und sichere alle Spuren.
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