Regina Ridder aus Perchtoldsdorf ist Chefin von 300.000 Mitarbeiterinnen. Sie kümmert sich um Input und Output, das Personalwesen und die betrieblichen Räumlichkeiten. Das nimmt viel Zeit in Anspruch, doch ihre Mitarbeiterinnen sind eigenständig und fleißig.
Ridder ist Imkerin. Bei ihren Mitarbeiterinnen handelt es sich um 300.000 Bienen. 2019 hat sie die Ausbildung zur Imkerin gemacht – und war überrascht, wie viele Frauen mit ihr im Kurs gesessen sind: „Das Bild des alten, etwas schrulligen Imkers, der Menschen scheut und sich hinter seinem Schleier versteckt, gibt es nicht mehr. Imkern ist hip geworden, cool, weiblich“, erzählt die 61-Jährige.
Imagewandel
Wer sich fürs Imkern interessiert, der züchtet auch eigene Tomaten am Fensterbrett oder im Schrebergarten und interessiert sich für Biodiversität und Nachhaltigkeit.
Auch die Biene hat einen Imagewandel erlebt. Sie wird nicht länger als Gefahr gesehen, sondern mit positiven Eigenschaften aufgeladen – wie Fleiß, Teamgeist und feministischem Tatendrang. Kurzum: Der idealer Werbeträger für jedes Unternehmen.
105 Unternehmen – von Banken über Supermarktketten – sind im Projekt engagiert
5.544 Imker unterstützen Hektar Nektar, 800 mehr sollen heuer noch dazukommen
10.334 Personen haben eine Patenschaft abgeschlossen
50 Millionen Bienen müssen bis 2022 angesiedelt werden, um das Ziel bis 2028 erreichen zu können
Start-up-Experten
Mark und Martin Poreda haben diesen Imagewandel bereits 2017 erkannt und das Start-up Hektar Nektar gegründet. Ihr Ziel: die Bienenpopulation in Österreich und Deutschland bis 2028 um zehn Prozent zu steigern. „Das entspricht etwa fünf Milliarden Bienen“, rechnet Martin Poreda vor. Den Namen Poreda kennt man in der Start-up-Szene: Die Brüder waren Gründer der Plattform Kununu, auf der Arbeitnehmer ihr Unternehmen bewerten konnten. 2013 verkauften sie Kununu an das deutsche Online-Berufsnetzwerk Xing.
Danach hatten die Brüder genug von verärgerten Arbeitgebern, die ihnen mit Klagen das Leben schwer machten: Bienen schienen dagegen wesentlich gelassener im Umgang.
Hektar Nektar ist ein Marktplatz, der Unternehmen, Imker und Bienenpaten zusammenbringt: Unternehmen finanzieren Bienenvölker und Ausrüstung, und beweisen, dass ihnen die Themen Nachhaltigkeit und Biodiversität am Herzen liegen. Imker – aktuell sind es 5.500, Regina Ridder ist eine davon – bekommen ihr Hobby finanziert und tragen zur Steigerung der Bienenpopulation bei. Und Privatpersonen bekommen gegen Spenden, die in lokale Imkereien und Projekte zum Erhalt von Wildbienenbeständen fließen, Honig von einem Imker aus der Umgebung zugeschickt. So wurden allein im Vorjahr 12 Millionen, seit Unternehmensgründung 25 Millionen Bienen in Österreich und Deutschland angesiedelt – und das trotz Corona-Krise.
Mitarbeiter in Kurzarbeit
„Im ersten Lockdown haben viele Unternehmen ihre Partnerschaft aufgelöst – für soziale Verantwortung bleibt in einer Krise nicht viel Geld übrig“, berichtet Martin Poreda. Die sieben Mitarbeiter wurden in Kurzarbeit geschickt. „Doch wir haben es geschafft, viele Firmen wieder an Bord zu ziehen. Schwarze Zahlen schreiben wir trotzdem noch nicht – der Großteil unserer Einnahmen fließt zurück ins Unternehmen“, so der 44-Jährige.
Fleißige Mitarbeiter
Nachhaltigkeit wird übrigens auch im Personalwesen großgeschrieben: Seit Gründung des Unternehmens gibt es die Vier-Tage-Woche, bezahlt wird der Lohn einer 40-Stunden-Woche.
Einen derartigen Luxus gibt es bei Regina Ridder nicht; ihre Mitarbeiterinnen schuften 24/7. Doch das Ergebnis kann sich sehen lassen: 100 Kilogramm Honig erntete Ridder im vergangenen Jahr. Sie kann stolz auf ihre Mitarbeiterinnen sein.
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