Mehr Anrufe bei Frauen-Helpline, aber kein Anstieg häuslicher Gewalt
Seit Beginn der Corona-Krise wurde auch in Österreich erwartet, dass die Anzahl der Fälle häuslicher Gewalt zunimmt. Laut Berichten war das in China der Fall, als immer mehr Menschen unter Quarantäne gestanden sind. Bisher sei allerdings "keine Steigerung feststellbar" gewesen, sagt Polizeisprecher Walter Schwarzenecker. Das gilt auch für die einzelnen Bundesländer. Die Exekutive gehe jedoch davon aus, „dass es in den nächsten Wochen dazu kommen könnte“.
Mehr Anrufe
Einen Anstieg sieht man auch in den sechs niederösterreichischen Frauenhäusern nicht. Es gebe allerdings vermehrt telefonische Anfragen und Beratungen, hieß es aus dem Büro von Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ).
Im Frauenhaus Burgenland bemühen sich die Verantwortlichen um die Bereitstellung weiterer Unterkünfte, da die Anfragen diesbezüglich stark gestiegen seien. Man habe bemerkt, „dass sehr, sehr viel mehr anrufen“, sagte Isabel Bernhardt vom Frauenhaus Burgenland. Momentan läute das Telefon fast ununterbrochen. Es werde auch gefragt, „ob wir weiter aufnehmen. Wir haben keinen Aufnahmestopp“, betonte sie.
Verunsicherung in der aktuellen Situation
Auch bei der Frauen-Helpline 0800-222-555 gab es aus ganz Österreich „in der vergangenen Woche 50 Prozent mehr Anrufe“, sagte Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin vom Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF). „Die Hälfte davon hängt mit Gewalt zusammen“, erläuterte sie. Die Zahll der Beratungsgespräche würde zunehmen.
Die andere Hälfte des Zuwachses habe mit Verunsicherung zu tun, wie mit der aktuellen Situation umzugehen sei. Mit Fortdauer der Beschränkungen erwartet Rösselhumer „schon mehr, wenn man sich die Zahlen der Arbeitslosigkeit anschaut“. Damit steige laut Studien auch die häusliche Gewalt.
Auch in Wien, Tirol, Vorarlberg, Salzburg und Kärnten sei bisher kein Anstieg häuslicher Gewalt zu verzeichnen. Aber auch der Verein Tiroler Frauenhaus berichtet von einer Zunahme von telefonischen Beratungen und Anfragen nach einem Platz im Frauenhaus.
Eine mögliche Erklärung dafür, warum nicht mehr Fälle von Gewalt gemeldet werden, liefert Renee Mader vom Gewaltschutzzentrum. „Da geht es um Stabilität, um tägliche Struktur. Wie lässt sich der Alltag der Kinder organisieren, habe ich genug Lebensmittel zu Hause, wie reagiere ich auf Kurzarbeit oder Jobverlust?“
"Wie an Familienfeiertagen"
Wenn es in dieser Phase zu psychischer Gewalt oder leichten körperlichen Übergriffen komme, sei es für Betroffene oft noch ein „Luxusproblem“. „Wir kennen das von den traditionellen Familienfeiertagen. Um das heile Familienbild aufrecht zu erhalten, werden Übergriffe von den Frauen eher 'übersehen'. Erst wenn der äußere Druck wegfällt, holen sich die Betroffenen Unterstützung“, sagt Mader. Dies werde in der aktuellen Lage nicht anders sein: „Wenn sich die neue Situation eingespielt hat, dann brechen die inneren Krisen aus.“
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