Einsatz als Notfallmütter: Eine Mama zum Ausborgen

Einsatz als Notfallmütter: Eine Mama zum Ausborgen
Wenn das Kind krank ist und die Eltern arbeiten müssen, springt Maria Knittl als Notfallmutter ein.

Wenige Tage vor Weihnachten klingelte das Telefon: "Haben Sie Zeit für ein krankes Kind mit einer Stirnhöhlenentzündung?" Wenige Minuten später war Maria Knittl aus der Tür hinaus und unterwegs zu ihrem ersten Einsatz als Notfallmama.

Das ist jetzt zwölf Jahre her. Seitdem wird Knittl regelmäßig angerufen. "Meine Kinder und Enkelkinder brauchen mich ja nicht mehr, deswegen habe ich mir eine neue Aufgabe gesucht", erzählt die 73-Jährige.

Bei ihrem ersten Einsatz war die pensionierte Heimpflegerin dann doch ein wenig aufgeregt. "Das Mädchen hatte Hunger, aber es gab nicht viel zum Essen zu Hause. Da hab’ ich dann die Küche durchsucht und einfach Nudeln mit Käse gemacht", erinnert sie sich.

Besonders jetzt, in der Schnupfenzeit, sind die Notfallmamas verstärkt im Einsatz. Sie bleiben beim kranken Kind, wenn aus dem näheren Umfeld niemand zur Verfügung steht und die Eltern arbeiten müssen. 420 Notfallmamas zählt der Verein KiB (KiB steht für Kinderbegleitung) in ganz Österreich. Genug sind das aber noch lange nicht.

Kaum Notfallpapas

Jedes Jahr melden sich mehr Familien beim Verein; im Vorjahr waren es 7.000. In Summe wurden 2.160 Kinder 16.850 Arbeitsstunden lang betreut.

"Wir arbeiten mit Organisationen wie den Wiener Sozialdiensten, den Tagesmüttern aus der Steiermark oder dem Pilotprojekt Schnelle Hilfe in Kärnten zusammen. Wenn die kein Personal zur Verfügung haben, kommen unsere Notfallmamas zum Einsatz. Das sind wahre Engerl", meint KiB-Bundeskoordinatorin Manuela Schalek.

Einsatz als Notfallmütter: Eine Mama zum Ausborgen

KiB-Bundeskoordinatorin Manuela Schalek  (li.) und Notfallmama Maria Knittl

Sie wandte sich vor rund 20 Jahren selbst an die "Engerl": "Als ich von Oberösterreich nach Wien gezogen und wieder arbeiten gegangen bin, hatte ich niemanden, der bei meinem kranken Sohn bleiben konnte. Allein der Gedanke, dass im Notfall jemand da ist, hat mich beruhigt."

Dabei sind die Notfallmamas eigentlich Notfallomas: "Der Großteil unserer Mitarbeiterinnen ist älter als 55 Jahre", sagt Schalek. Notfallpapas gibt es in ganz Österreich gerade einmal drei. Dabei sei man gerade hier bemüht, mehr Bewusstsein für Männer in Pflegeberufen zu schaffen, meint die Bundeskoordinatorin.

Da sein fürs Kind

Maria Knittl jedenfalls genießt ihre Einsätze richtig: "Und die Kinder auch. Die freuen sich, wenn sie mal zu Hause sein dürfen und sich jemand mit ihnen beschäftigt, der nicht gleichzeitig den Haushalt schmeißen muss". Denn die Notfallmama ist nur für das Kind da, sie muss weder bügeln noch putzen oder mit dem Hund Gassi gehen.

Und wenn es Knittl mal nicht gut geht, ist es auch okay, abzusagen. Dann wird eine andere Notfallmama kontaktiert.

Ob der Einsatz auch mal anstrengend ist? "Nur das Vorlesen manchmal, wenn der Tag schon sehr lang war", gesteht die 73-Jährige lächelnd.

Einsatz als Notfallmütter: Eine Mama zum Ausborgen

Nachgefragt: "Mama, Oma, Papa – wir suchen Leute!"

Manuela Schalek war vor rund 20 Jahren nach ihrem Umzug von Oberösterreich nach Wien selbst auf die Notfallmama angewiesen. Heute ist sie die Bundeskoordinatorin des Vereins KiB.

KURIER: Wie kann man Notfallmama oder Notfallpapa werden?
Manuela Schalek: Jeder, der 18 Jahre und älter ist, kann sich bei uns melden. Dafür muss man lediglich ein Erhebungsblatt ausfüllen, einen Strafregisterauszug abgeben und ein Kennenlerngespräch absolvieren. Wir holen regelmäßig Feedback von den Familien ein und bieten Stammtische für unsere Mitarbeiter zum Austausch und Kennenlernen an.

Gilt das Angebot nur für sozial benachteiligte Familien?
Wir machen da keinen Unterschied, wir unterstützen alle Familien, die uns brauchen. Und wir sehen: Der Bedarf steigt. Die Eltern sind immer öfter geschieden, die Großeltern leben zu weit weg oder arbeiten selbst noch, da fehlt das soziale Netz. Vor allem in den Ballungszentren steigt die Nachfrage, man kennt den Nachbarn oder die Nachbarin nicht und braucht jemanden, auf den man sich verlassen kann.

Werden Leute gesucht oder gibt es genug Freiwillige?
Es kann nie genug geben! Ganz egal ob Mama, Oma oder Papa: Wir freuen uns über jeden Freiwilligen!

Notfallmamas betreuen Kinder, wenn diese oder ihre Eltern krank sind. Familien können sich für 14,50 Euro monatlich bei der Initiative einschreiben und jederzeit Hilfe anfordern. Die Kosten einer Notfallmama im Einsatz (acht Euro pro Stunde) übernimmt der Verein KiB.

Die Notfallmama dient zur Überbrückung, bis eine andere Aufsichtsperson gefunden wurde. Sie ist maximal drei Tage pro Krankheitsfall bei einer Familie. Infos unter www.notfallmama.or.at. In Notfällen erreichbar unter 0664/6203040.

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