Es war fast ein perfekter Mord
Sollte es der perfekte Mord werden? Das zumindest vermutete die Polizei, doch am Ende fehlten die Beweise für eine Anklage.
Ein junger Chemiestudent aus dem Bezirk Krems war offenbar mit der neuen Lebensgefährtin seines Vaters nicht einverstanden gewesen. Die Kripo glaubt nun, dass er ihr aus diesem Grund vor einigen Monaten heimlich Liquid Ecstasy in ein Getränk gemischt habe.
Fest steht, die Frau landete im Spital. „Doch es konnte keine Substanz mehr nachgewiesen werden“, berichtet Johann Baumschlager von der Landespolizeidirektion Niederösterreich. Am Ende überlebte das Opfer die mögliche Attacke. Der Student kam ohne Strafe davon.
Schwer nachweisbar
Denn eines der Hauptprobleme mit der lebensgefährlichen Partydroge ist, dass sie leicht erhältlich, aber auch nur kurze Zeit nachweisbar ist. „Leider werden sehr viele Verfahren eingestellt, weil die Beweise fehlen“, sagt Sozialarbeiterin Ursula Kussyk.
Faktum ist aber auch, die schweren Kriminalfälle im Zusammenhang mit K.-o.-Tropfen nehmen weiter zu. 89 schwere Straftaten gab es im Vorjahr, berichtet das Innenministerium in einer parlamentarischen Anfragebeantwortung. So viele wie noch nie.
Experten gehen von einer weit höheren Dunkelziffer aus. Frauen würden nach Vergewaltigungen den Angriff mit K.-o.-Tropfen verdrängen, und aus Scham keine Anzeige erstatten. Viele Opfer haben zudem auch große Erinnerungslücken. Ein bis zwei Milliliter der Droge reicht dafür aus.
K.-o.-Tropfen wurden auch Anfang April der 20-jährigen Natalie D. in Wien zum Verhängnis. Nach einem Techno-Event war sie mit ihrer Freundin und zwei Männern im Auto nach Hause unterwegs. Auf dem Weg trank sie aus einer Mineralwasserflasche und starb nach sechstägigem Todeskampf im Spital. Die Kriminalpolizei vermutet, dass es „Liquid Ecstasy“ war. Der Nachweis steht noch aus. Der Verdächtige sitzt in U-Haft und schweigt. Da die Flasche sichergestellt wurde, könnte es zumindest in diesem Fall eine gerichtliche Anklage geben.
Doch typisch ist die Verwendung der Droge eher bei Vergewaltigungen. Erst vergangenes Wochenende kam es, wie berichtet, beim Surfweltcup in Podersdorf zu so einem Übergriff. Ein unbekannter Mann dürfte einer Oberösterreicherin die K.-o.-Tropfen ins Getränk gemixt haben. Vorerst fehlt von ihm noch jede Spur.
Rasche Wirkung
Lebensgefahr
In der Partyszene gab es immer wieder Versuche, das Mittel zu verbreiten. Doch viele Drogenkonsumenten sind misstrauisch. Grund dafür ist auch ein Vorfall vor vier Jahren. Im Mai 2009 probierten fünf Gäste eines Gürtellokals die Substanz aus – alle kamen mit lebensgefährlichen Zuständen ins Spital.
Das Produkt „enthält 99,99% Gamma-Butyrolacton (GBL)“ wirbt eine niederländische Firma im Internet. Offiziell wird hier ein Reinigungsmittel verkauft, aber Drogenkonsumenten wissen anhand des hohen GBL-Anteils, worum es hier geht. Für 55 Euro ist ein Liter dieser Form des „Liquid Ecstasy“ erhältlich, eine berauschende Wirkung tritt bereits ab 0,5 Milliliter ein.
„Liquid Ecstasy“ hat mit Ecstasy-Tabletten nichts zu tun, sondern wird nur aus marketingtechnischen Gründen so genannt. Die Hersteller hofften so, Konsumenten zum Umstieg zu bewegen.
Vor allem drei Wirkstoffe fallen darunter, das GHB, das GBL und BDO. Nur GHB fällt unter das Suchtmittelgesetz und ist verboten wie andere Rauschgifte. Zwar ist in Österreich der Handel mit GBL zur Berauschung nach dem Psychotropen-Gesetz verboten, aber als Felgenreiniger zum Beispiel lässt es sich nicht komplett verbieten. BDO wird in der Industrie als Weichmacher verwendet, deshalb stellt sich hier das gleiche Problem wie bei GBL. Sie werden deshalb als „Legal Highs“ bezeichnet.
Kommentare