Ein Kind mit angestrengt in Falten gelegter Stirn am Küchentisch sitzend, in der einen Hand ein Stift, in der anderen ein Geodreieck, daneben die Mutter, ohne Geodreieck, dafür noch angestrengter dreinblickend: ein Bild, das laut Arbeiterkammer (AK) in österreichischen Haushalten gar nicht so selten vorkommt.
Denn wie das jährliche Nachhilfebarometer von AK und dem Institut für empirische Sozialforschung (IFES) zeigt, wurden im laufenden Schuljahr bzw. im Sommer davor 78 Prozent der Kinder von ihren Eltern „zumindest ab und zu“ beim Lernen unterstützt. 24 Prozent wurde praktisch täglich geholfen.
Gar nicht selten reicht das aber entweder nicht aus, oder es fehlt an Zeit und Möglichkeit der Eltern. Das führt dazu, dass laut der Studie fast ein Drittel aller Schülerinnen und Schüler externen Nachhilfeunterricht nehmen muss. Und das kostet. Insgesamt gaben Österreichs Haushalte im genannten Zeitraum 121,6 Millionen für Nachhilfeunterricht aus. Das sind 19 Millionen mehr als noch im Jahr davor. Zusätzlich geben die Eltern von 20 Prozent jener Schulkinder, die keine bezahlte Nachhilfe bekommen haben, an, dass diese gebraucht worden oder zumindest erwünscht gewesen wäre.
Bei den Fächern, in denen die Kinder zusätzliche Hilfe gebraucht haben, führt wenig überraschend Mathematik (68 Prozent) das Ranking an. Danach folgt mit 33 Prozent Deutsch.
Und obwohl immer noch Schüler der AHS-Oberstufe am häufigsten Nachhilfe nehmen (44 Prozent), zeichnet sich seit 2018 auch ein starker Anstieg bei den Volksschulkindern ab. 17 Prozent von ihnen bekommen außerhalb des Unterrichts Hilfe beim Lernen. 2017 waren es noch sechs Prozent.
Erfolg als Privatsache?
Woran liegt das? „Es gab 2018 wieder verpflichtende Ziffernnoten, außerdem sind Deutschklassen und die Sprachstandsfeststellung über die sogenannten MIKA-D-Tests eingeführt worden“, sagt AK-Bildungsexpertin Elke Larchner.
All diese Zahlen zeigen laut AK, dass Bildungserfolg in Österreich Privatsache sei und je nach finanziellen Möglichkeiten „an den Küchentisch“ oder in den Nachhilfeunterricht ausgelagert werde. Ilkim Erdost, Bereichsleiterin Bildung der AK Wien fordert deshalb unter anderem, hochwertige Ganztagsschulen beitragsfrei und flächendeckend anzubieten. Außerdem müssten Schulkosten drastisch reduziert und Finanzmittel treffsicher für die Entwicklung am jeweiligen Schulstandort investiert werden.
Aus dem Bildungsministerium heißt es unterdessen auf KURIER-Anfrage, man setze schon jetzt auf zusätzliche Lernzeit, im Besonderen durch mehr Förderstunden. Dafür habe es seit Herbst zusätzlich 150 Millionen Euro gegeben. Außerdem ist das eigentlich als Reaktion auf die Corona-Pandemie gestartete Projekt weiterlernen.at verlängert worden. Über diese Online-Plattform werden individueller Lernhilfen und digitale Lernbuddys zur Verfügung gestellt. Und: „Bis Ende 2024 werden zusätzlich zehn Millionen Euro bereitgestellt, die insbesondere Kindern und Jugendlichen aus sozial schwachen Familien zu Gute kommen“, heißt es.
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