Nehammer zu Fall Kellermayr: "Täter sollen ausgeforscht werden"

AUSTRIA-HUNGARY-DIPLOMACY-POLITICS
Nach Landeshauptmann Stelzer meldet sich nun nach dem Suizid der Ärztin Lisa-Maria Kellermayr auch Bundeskanzler Nehammer zu Wort.

Der Suizid der oberösterreichischen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr beherrscht seit dem vorigen Wochenende die öffentliche Debatte. Die Ärztin war über Monate hinweg bedroht und beschimpft worden, musste deshalb sogar einen privaten Wachdienst organisieren. Von den Behörden hatte sie sich im Stich gelassen gefühlt.

Nun liegt eine erste Stellungnahme von Bundeskanzler Karl Nehammer zum Suizid von Lisa-Maria Kellermayr vor. „Es ist schrecklich, wenn ein Mensch aufgrund von Hass und persönlichen Bedrohungen keinen anderen Weg mehr sieht, als seinem Leben ein Ende zu setzen. Es ist wichtig, dass nun eine Obduktion stattgefunden hat, um Klarheit über die Umstände ihres Todes zu schaffen“, so Bundeskanzler Karl Nehammer. „Ebenso wichtig ist, dass die Behörden weiter ermitteln, um jene auszuforschen, die Frau Dr. Kellermayr bedroht haben. Hass im Netz und persönliche Bedrohungen haben keinen Platz in unserer Gesellschaft. Mein Mitgefühl gilt allen Angehörigen, Freunden und Patient/innen von Dr. Lisa-Maria Kellermayr."

Zuvor hatte sich der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer erstmals auf KURIER-Anfrage offiziell zu Wort gemeldet: „Das ist eine furchtbare Tragödie, die mich sehr nachdenklich stimmt. Die Polizei und die Ärztekammer haben jedoch versichert, dass sie alles unternommen haben, um sie in dieser schwierigen Situation zu unterstützen. Ich spreche den Angehörigen und Hinterbliebenen jedenfalls mein tiefes Beileid aus und wünsche viel Kraft in dieser schweren Zeit.“

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Zum Vorgehen der Behörden sagt der Landeshauptmann: „Wir sind ein Rechtsstaat und solange man sich mit seiner Kritik oder Skepsis im Rahmen der Rechtsstaatlichkeit bewegt, hat man keine Handhabe, auch wenn einem das nicht gefällt. Aber wenn rote Linien überschritten werden, etwa auch bei Hass im Netz, dann muss konsequent eingeschritten werden. Ich weiß, dass es schwierig ist für die Behörden, weil sich viele Radikale unter dem Deckmantel der Anonymität verstecken. Aber da würde ich mir teilweise schon ein härteres und schnelleres Vorgehen erwarten.“

Staatsanwaltschaft ermittelt

Am Mittwoch wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft München in dem Fall ermittelt. Die Anklagebehörde in Wels hatte ja die Ermittlungen gegen einen deutschen Verdächtigen mangels territorialer Zuständigkeit eingestellt. 

Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft München II - die Behörde ist für das Umland der bayrischen Hauptstadt zuständig - Andrea Grape bestätigte auf APA-Anfrage am Mittwoch "Ermittlungen gegen eine männliche Person wegen des Verdachts der Beleidigung und der Bedrohung". Nähere Details wollte sie dazu unter Verweis auf ein laufendes Verfahren nicht machen.

Eine Hackerin aus Deutschland hatte zwei Deutsche ausfindig gemacht, die Droh-E-Mails verfasst haben sollen. Da das aber bedeuten würde, dass der Tatort nicht in Österreich liegt, mussten die Ermittlungen gegen diese Verdächtigen in Österreich eingestellt werden. Den heimischen Strafverfolgungsbehörden sind nach aktueller Rechtslage bei einem vergleichsweise "schwachen" Delikt wie der gefährlichen Drohung in grenzüberschreitenden Fällen die Hände gebunden.

Auch die Staatsanwaltschaft Berlin wurde von den österreichischen Behörden über mögliche Verdächtige in ihrem Zuständigkeitsbereich informiert. Dort hieß es allerdings, dass vorerst kein Verfahren bekannt sei, was aber auch daran liegen könne, dass internationale Übernahmen immer Zeit in Anspruch nehmen würden. In Österreich wird nach wie vor gegen unbekannte Täter ermittelt.

Polizei geht gegen Twitter-User vor

Der Leiter der Polizei-Pressestelle Oberösterreich geht unterdessen rechtlich gegen einen Twitter-User vor. David Furtner hatte am 28. Juni im "Ö1"-Mittagsjournal der Ärztin unterstellt, sie habe in die Öffentlichkeit gedrängt, wolle "über die Medien das eigene Fortkommen" fördern und sie habe den Fall "sehr sehr dramatisch" dargestellt. Ein Twitter-User hat nun von einem Anwalt Furtners eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung erhalten, nachdem er den Polizeisprecher nach dem Tod der Ärztin kritisiert hatte. Im Tweet wird Furtner vorgeworfen, er habe mit seinen "unüberlegten Worten und depperten Aussagen Blut an den Händen".

Furtners Anwalt Gernot Sattlegger sagte gegenüber der APA, man habe vom Instrument der außergerichtlichen Unterlassungsaufforderung nur gegen einen einzigen Twitter-Nutzer Gebrauch gemacht. Dessen Tweet sei "aus meiner Sicht überschießend und rechtswidrig", weil er dem Polizeisprecher unterstelle, Schuld am Tod der Ärztin zu sein. Das sehe er im Gegensatz zu vielen anderen kritischen Postings nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckt, so der Anwalt sinngemäß. Von dem User wird verlangt, das Posting zu löschen, ähnliche künftig zu unterlassen und die Anwaltskosten zu zahlen. Tut er das nicht, könnte ihm eine Unterlassungsklage drohen. Seinem Mandanten gehe es "nicht darum, jemanden vor den Strafrichter zu zerren, sondern die Folgen eines rechtswidrig verursachten Imageschadens abzuschwächen", sagte Sattlegger der APA.

Die Medienanwältin Maria Windhager hält die im Twitter-Post getätigten Aussagen allerdings für zulässig, sagte sie "futurezone.at". In dem konkreten Äußerungszusammenhang handle es sich um politische Kritik. Außerdem habe sich der Polizeisprecher in dem besagten Interview so exponiert, dass er eine so scharfe Kritik aushalten müsse, wurde sie zitiert. Es könne aber dennoch sein, dass die Inhalte des Postings vor einem Gericht nicht halten, so Windhager.

Nun doch Obduktion

Die Leiche der oberösterreichischen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr wird nun doch obduziert. Die Staatsanwaltschaft Wels bestätigte der APA einen entsprechenden Bericht von "krone.at". Die Obduktion erfolge auf Wunsch von Angehörigen, am Sachverhalt habe sich nichts geändert, sagte ein Sprecher.

Angehörige hätten, wie es ihr Recht ist, die Obduktion verlangt. Die Staatsanwaltschaft Wels hat diese daraufhin beim Gericht beantragt und dieses habe sie veranlasst. Ein vorläufiges Ergebnis könnte noch am Mittwoch vorliegen, die toxikologischen Analysen würden aber deutlich länger dauern, hieß es. An der Verdachtslage habe sich nichts verändert. Man gehe weiterhin von Suizid aus. Es gebe keine neuen Hinweise oder Erkenntnisse, die anderes nahelegen würden.

 

Wer Suizid-Gedanken hat, sollte sich an vertraute Menschen wenden. Oft hilft bereits das Sprechen über die Gedanken dabei, sie zumindest vorübergehend auszuräumen. Wer für weitere Hilfsangebote offen ist, kann sich an die Telefonseelsorge wenden: Sie bietet schnelle erste Hilfe an und vermittelt Ärzte, Beratungsstellen oder Kliniken. Wenn Sie oder eine Ihnen nahestehende Person von Depressionen betroffen sind, wenden Sie sich bitte an die Telefon-Seelsorge in Österreich kostenlos unter der Rufnummer 142.

Das neue österreichische Suizidpräventionsportal www.suizid-praevention.gv.at bietet Informationen zu Hilfsangeboten für drei Zielgruppen: Personen mit Suizidgedanken, Personen, die sich diesbezüglich Sorgen um andere machen, und Personen, die nahestehende Menschen durch Suizid verloren haben. Das Portal ist Teil des österreichischen Suizidpräventionsprogramms SUPRA des Gesundheitsministeriums.

Wer Suizid-Gedanken hat, sollte sich an vertraute Menschen wenden. Oft hilft bereits das Sprechen über die Gedanken dabei, sie zumindest vorübergehend auszuräumen. Wer für weitere Hilfsangebote offen ist, kann sich an die Telefonseelsorge wenden: Sie bietet schnelle erste Hilfe an und vermittelt Ärzte, Beratungsstellen oder Kliniken. Wenn Sie oder eine Ihnen nahestehende Person von Depressionen betroffen sind, wenden Sie sich bitte an die Telefon-Seelsorge in Österreich kostenlos unter der Rufnummer 142.

Das neue österreichische Suizidpräventionsportal www.suizid-praevention.gv.at bietet Informationen zu Hilfsangeboten für drei Zielgruppen: Personen mit Suizidgedanken, Personen, die sich diesbezüglich Sorgen um andere machen, und Personen, die nahestehende Menschen durch Suizid verloren haben. Das Portal ist Teil des österreichischen Suizidpräventionsprogramms SUPRA des Gesundheitsministeriums.

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