Anders als in Deutschland ist seit 1. Jänner 2023 das Schreddern von männlichen Küken in Österreich zwar verboten, andere Tötungsmethoden gelten hierzulande jedoch immer noch als legal. "Seit in Krafttreten der Novelle des Tierschutzgesetzes mit 1.1.2023, ist in Österreich lediglich das Schreddern der Küken als Tötungsmethode verboten. Das Vergasen der Küken an deren erstem Lebenstag beispielsweise findet in Österreich aber weiterhin statt, da sie zumindest für die Futtermittelgewinnung nach wie vor legal getötet werden dürfen", sagt Ebner.
In § 6 des Tierschutzgesetzes wurden nach Abs. 2 folgende Absätze 2a und 2b eingefügt: "(2a) Das Schreddern von lebendigen Küken ist verboten. Ebenso ist das Töten lebensfähiger Küken verboten, sofern diese nicht der Futtergewinnung dienen. Dieser Verwendungszweck ist jederzeit auf Verlangen von der Brüterei der Bezirksverwaltungsbehörde nachzuweisen. (2b) Im Falle einer Anwendung einer Methode zur Früherkennung des Geschlechts während der Brut und der Aussortierung von Küken im Embryonalstadium ist dies ab dem siebenten Bebrütungstag nur mit Betäubung erlaubt. Nach dem 14. Bebrütungstag ist die Aussortierung verboten".
Was passiert aktuell mit den männlichen Küken in Österreich?
Laut Ebner seien hier Bio-Betriebe "echte Vorzeigebetriebe. Dort werden nämlich seit Anfang 2017 auch die männlichen Legeküken großgezogen - unter den Haltungsbedingungen, die den Bio-Standards entsprechen". Eine Branchenlösung zwischen Handel und Bio Austria-Betrieben, stelle dabei die garantierte Aufzucht der Hähne sicher. Neben Bio-Betrieben setzen auch andere heimische Tierwohl-Siegel auf die Aufzucht von männlichen Küken, wie etwa "Tierwohl verbessert" und "Fair zum Tier".
Wie aus dem Bericht der ÖGV (Österreichische Qualitätsgeflügelvereinigung) hervorgeht, wurden 2022 1,36 Millionen Junghähne in Österreich aufgezogen. Allerdings gibt es keine Auskunft darüber, ob es sich bei den 1,36 Millionen lediglich um Bio-Hähne handelt, die ohnehin schon aufgezogen worden wären, oder ob hier auch einige aus konventionellen Betrieben dazu gekommen sind.
8,74 Millionen männliche Küken als Tierfutter
Ein weitaus größerer Teil der männlichen Küken – rund 85 Prozent – wird in Österreich weiterhin getötet, um anschließend verfüttert zu werden. Die Futterküken werden anschließend u.a. von Falknereien, Zoos, Tierparks, Storchenaufzuchten und Tierschutzhäuser zur Fütterung weiterverwertet. Dabei ist zu beachten, "dass Futterküken zusätzlich sogar noch importiert werden", so Denise Kubala vom Verein gegen Tierfabriken (VGT).
So kann die in Österreich erbrütete Menge männlicher Lege-Küken den Bedarf an Futterküken nicht decken, was wiederum zusätzliche Einfuhren erforderlich macht. Insgesamt wurden 2022 hierzulande 8,74 Millionen Stück als Futterküken ausgeliefert – die erbrütete Menge heimischer Futterküken betrug 2022 rund 6,6 Millionen Küken. Um sicherzustellen, dass alle geschlüpften Hahnenküken der österreichischen Brütereien tatsächlich der Futtergewinnung dienen und nicht in der TKV-Tonne landen, hat der QGV mit dem europäischen Tierparkversorgungsunternehmen INTIPA bereits Ende 2021 einen Vertrag geschlossen. Durch diesen Vertrag soll gewährleistet werden, dass alle getöteten männlichen Eintagsküken von den Brütereien entweder direkt an registrierte Futterkükenverwender abgegeben oder im Wege des Tierparkversorgers INTIPA an registrierte Abnehmer geliefert werden.
Ob wie in Deutschland auch österreichische Küken ins nahegelegene Ausland verladen werden, wie etwa nach Polen, ist nicht bekannt. Zwar geht aus den Daten von Eurostat hervor, dass lebendige Kücken sowohl importiert als auch exportiert werden. Allerdings geht aus den Daten nicht hervor, ob es sich dabei um Masthühner, Bruderhähne oder Legehennenkücken handelt. Der meiste Handel mit Lebendkücken (Hühner, diverse Zwecke/Rassen) findet laut Datenlage mit Deutschland statt, wobei der Export deutlich höher ist als der Import.
Kritik an der Gesetzesnovelle 2023
Der VGT kritisiert die Gesetzesnovelle von 2023 jedoch stark und spricht sich generell gegen das Töten von Eintagsküken aus, wie es in ihrer Stellungnahme zum Tiergesetz hervorgeht: "Tatsächlich hat sich aus dem Überschuss an toten Eintagskücken die Praxis entwickelt, diese als Nahrung für Carnivoren (fleischfressende Lebewesen, Anm.) jeder Art zu verwenden, die irgendwo gehalten werden. Nun soll diese künstlich erzeugte Nachfrage als Argument herhalten, die Eintagskücken doch wieder zu töten. Der VGT ist der Ansicht, dass diese Nachfrage ohne Angebot auch wieder verschwinden würde, zumal es viele Quellen von Nahrung für Carnivoren gibt."
Auch Greenpeace sieht in der aktuellen Gesetzeslage noch Nachschärfungsbedarf in Puncto Gefügelwirtschaft, wie etwa "ein Hin zu extensiven, biologischen Formen der Landwirtschaft und ein Weg von der Hochleistungszucht". Nur so könne man zu einem "Mehr" an Tierwohl gelangen. Zudem fordern sie eine EU-weite einheitliche Lösung und damit ein EU-weites Verbot des Kükentötens, "was auch im Zuge der Überarbeitung der EU-Vorschriften zu Tierschutz in der Landwirtschaft umgesetzt werden sollte."
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