Es gibt nicht zu viele Krähen in Österreich
„Raben- und Nebelkrähen verzeichnen seit 25 Jahren nur einen leicht positiven Trend“, zitiert Ornithologe Johannes Hohenegger von Birdlife Ergebnisse aus dem standardisierten Brutvogelmonitoring für Österreich.
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Im urbanen Bereich tauchten die Intelligenzbestien der Lüfte zuletzt vermehrt auf. Denn im Siedlungsgebiet sind sie vor Abschuss sicher, hier herrscht Jagdruhe. Weil die natürlichen Feinde wie etwa Habichte den Menschen scheuen, erhöht sich die Lebensqualität der Corviden zusätzlich.
Nicht zuletzt lockt das üppige Nahrungsangebot in Stadtnähe, während das Insektensterben auf weiter Flur die Landflucht beflügelt.
Der Schutz durch die EU hat die Plage verursacht
„Die Vogelschutzrichtlinie der EU hat dazu geführt, dass es heute deutlich mehr Rabenvögel gibt“, setzt Herbert Sieghartsleitner, Präsident von Jagd Österreich, dagegen.
1979 trat das Regelwerk, das die Mitgliedsstaaten zur Einschränkung und Kontrolle der Jagd und zur Verwaltung von Schutzgebieten verpflichtet, in Kraft. 2010 wurde es – weitgehend gleich – neu erlassen. Und gilt damit auch in Österreich.
Fast jedes Bundesland hat mittlerweile aber regionale Ausnahmen, die Entnahmen erlauben.
Biologie reguliert Bestände
Tatsächlich sollten sich die Bestände auf natürliche Weise regulieren. Es gilt: Je mehr Nahrung, desto kleiner das Revier, desto mehr Exemplare, die sich um Ressourcen streiten. Der innerartliche Konkurrenzdruck führt u. a. dazu, dass Nester von Artgenossen ausgeraubt werden. Auf Bejagung wiederum reagieren die Überflieger mit mehr Nachwuchs.
Die Rabenvögel richten gravierende Schäden an
„Rabenvögel richten erhebliche Schäden in der Landwirtschaft an, wenn sie Siloballen anpicken“, sagt Oberösterreichs Landesjägermeister. Gelangt Regenwasser durch die undichte Folie, verfault das Heu. Auch Obst und Gemüsekulturen sind gefundenes Fressen; ebenso betroffen: Saatgut und Keimlinge.
Trupps können vertrieben werden
„Die Sache mit den Siloballen ist definitiv ein Thema. Es könnte eventuell technisch gelöst werden“, sagt der Vogelschützer. Corviden sind von Natur aus neugierig, ihr kräftiger Schnabel dient als Besteck, Werkzeug und Waffe – und zum Untersuchen von Unbekanntem.
Netze oder Vlies halten dem nicht stand, verstärkte Folien wären die Alternative. Vor allem Junggesellentrupps müssen von Feldern ferngehalten werden. Knallapparate und Gasballons erfüllen die Vogelscheuchenfunktion.
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Doch die Rabenvögel sind für Bauern nicht nur Plage. Speziell die gefiederten Eltern vertilgen jede Menge Landwirtschaftsschädlinge. Insekten, Larven, Schnecken und Feldmäuse machen satt.
Die Allesfresser tragen zum Artensterben bei
„Wir sehen uns als Dienstleister der Vogelfreunde“, stellt Sieghartsleitner die Interessen seiner Klientel hintan. Werden Aaskrähen mit Schrotflinte oder Falle bejagt, schützt das die Eier und Jungtiere vor den schwarzen Fressfeinden und trägt zum Erhalt gefährdeter Spezies bei. Vor allem Bodenbrüter wären leichte Beute.
Rabenvögel haben andere Futtervorlieben
„Gerade die Arten, die Rabenvögel gerne fressen, sind nicht bedroht“, argumentiert Hohenegger dagegen. Türkentauben haben in den vergangenen Jahren zahlenmäßig ordentlich zugelegt, Amseln halten sich – trotz einer grassierenden Viruserkrankung – schon länger konstant, genauso so wie die Bestände von Bachstelzen.
Dort, wo Corviden seltenem Federvieh weiter zusetzen, sind sie nur ein Faktor unter vielen Ursachen für das Aussterben.
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Die Bejagung kann sinnvoll sein
„Greifvögel können die Überzahl an Aaskrähen nicht dezimieren. Mit der Bejagung schaffen wir ein notwendiges Gleichgewicht in der Natur“, zieht Sieghartsleitner sein Resümee und plädiert für weitere Ausnahmeregelungen auf regionaler bzw. nationaler Ebene.
Abschuss darf nur nach Monitoring erfolgen
Hohenegger betont: „Wir sträuben uns nicht gegen jede Bejagung. Sie kann hier und da notwendig sein. Es braucht aber ein Monitoring. Und die Effekte der Eingriffe müssen dokumentiert werden.“ Schließlich sind die Wechselwirkungen im Ökosystem, in dem das Gesetz von Fressen und Gefressenwerden gilt, komplex.
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