Klimaaktivist unter Auto: "Hatte Angst und Gefühl der Ohnmacht"

Klimaaktivist unter Auto: "Hatte Angst und Gefühl der Ohnmacht"
Der Kopf des Aktivisten Anselm Schindler lag bei einer Klima-Demo im Mai unter einem Polizeibus. Heute war der erste Prozesstag.

Die Videoaufnahmen, die im Rahmen der Klimademo am 31. Mai in Wien gemacht wurden, haben seit Mittwoch ein gerichtliches Nachspiel. Auf einer Szene ist ein junger Mann zu sehen, der von der Polizei am Boden fixiert wird. Sein Kopf liegt unter einem Polizeiwagen. Als dieser anfährt, wird der Mann unter dem Bus in letzter Sekunde weggerissen.

Der Mann war der Deutsche Anselm Schindler. Mit seinem Anwalt Clemens Lahner hat er eine Maßnahmenbeschwerde beim Wiener Landesverwaltungsgericht eingebracht.

Er beschwert sich darin nicht nur über seine gefährliche Fixierung unter einem Polizeibus. Seine Festnahme sei zu Unrecht erfolgt. Außerdem wäre er, obwohl er einen Ausweis dabei hatte, über Nacht festgehalten worden. „Zum Teil mit Handschellen im Dunklen“, wie sein Anwalt sagt.

Situation eskalierte

„Ich war schon zwei Tage zuvor in Wien, war als Referent eingeladen“, schildert er. Als er vom Klimaprotest erfuhr, wollte er „journalistisch darüber berichten, Fotos und Videos machen.“

Als die Polizei die – nicht angemeldete Versammlung – auflöste, eskalierte die Situation. Ich stand abseits, wurde plötzlich von Polizisten weggezerrt“, schildert Schindler.

Polizeigewalt?

Der Polizist erinnert sich anders: „Ich habe mehrmals gesagt: Klimaschutz ist ja etwas Gutes. Aber bitte gehen Sie jetzt.“ Schindler hätte sich geweigert. Als er weggedrückt wurde, habe er geschrien: „Lassen Sie mich los! Das ist Polizeigewalt!“ Er wurde festgenommen und hinter die Sperrlinie gebracht – wo die Polizeibusse standen.

„Ich ging zu Boden, hatte ein Knie im Rücken, bekam keine Luft“, sagt Schindler. Plötzlich sei sein Kopf unter dem Bus gelegen. „Da kam der Reifen auf mich zu. Ich war fixiert, hatte Angst und ein Gefühl der Ohnmacht.“

Polizist: "Habe ihn sofort weggezogen"

„Es war eine dynamische Situation. Er wurde zwei Meter entfernt zu Boden gebracht. Aber wegen seiner passiven Gegenwehr sind wir zum Polizeibus gerutscht“, sagt der Polizist. „Als sich der Bus bewegt hat, habe ich ihn sofort weggezogen.“

Und der Polizist spricht auch von einer angeblichen Drohung Schindlers. Der soll gesagt haben: „Es wäre mir am liebsten, wenn Sie das unter den Tisch fallen lassen und mich gehen lassen. Sonst wird das ein Nachspiel haben.“ Der Aktivist bestreitet diese Aussage vehement. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchter Bestimmung zum Amtsmissbrauch. Gleichzeitig aber auch gegen den Polizisten – wegen Körperverletzung.

Der Deutsche wurde eine Nacht lang in einer Zelle im Polizeianhaltezentrum festgehalten. „In einem Kübel reichte man uns Schwarzbrot und wir bekamen Wasser im Becher“, sagt er.

Drei Tage lang wird sich das Gericht voraussichtlich mit den Geschehnissen auseinandersetzen. Am Donnerstag und Freitag kommen auch Demonstranten, Videomacher, ein Amtsarzt und Beobachter zu Wort.

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