Das Hitzepflaster vor dem Kletterzentrum: "Dieser Platz ist ein Wahnsinn"
Das Kletterzentrum Innsbruck (KI) ist eine Erfolgsgeschichte. Im Mai 2017 eröffnet, gehört es zu den weltweit größten und modernsten Anlagen dieser Art. Im Durchschnitt kommen täglich 800 Besucher, an Spitzentagen können es sogar um die tausend sein. Hier trainiert die Elite der heimischen Kletterszene, aber auch die breite Masse steigt in diesem Sporttempel in die Wände.
Das hat nicht nur Vorteile: Das KI platzt längst aus allen Nähten und dem Spitzensport fehlt in diesem Bundesleistungszentrum mitunter Platz und Ruhe für das Training. Am Mittwoch hat der Stadtsenat - nach den Gemeinderatswahlen noch in alter Besetzung - nun einen einstimmigen Grundsatzbeschluss für einen schon länger diskutierten Ausbau des KI befürwortet.
Startschuss für Ausbau
Bürgermeister Georg Willi (Grüne) sprach nach der Sitzung von einem "Startschuss". Man gehe nun "in die vertiefende Planung". Konkret soll der Bürotrakt des Zentrums aufgestockt werden, um so 700 Quadratmeter neuer Kletterfläche für die Elite zu schaffen. Das sei teuer (9 Millionen Euro), sagt Sportstadträtin Elli Mayr (SPÖ), "aber eine gestapelte Lösung, die nicht mehr Platz braucht".
Im Zuge der Ausbaupläne haben sich auch die Mitglieder des Innsbrucker Gestaltungsbeirats (IGB) mit dem Areal befasst und sich im März ein Bild vor Ort gemacht, wie die stellvertretende Vorsitzende des Gremiums, Marie-Theres Okresek, gegenüber dem KURIER bestätigt. Und den Experten ist dabei vor allem der Vorplatz des KI negativ ins Auge gestochen.
Das Urteil von Okresek zu der sich im Sommer unerträglich aufheizenden Asphaltwüste rund um das architektonisch eigentlich gelungene Ensemble aus Halle, freistehendem Kletterturm und Open-Air-Boulderwand fällt vernichtend aus: "Dieser Platz ist ein Wahnsinn und bräuchte dringend andere Qualitäten."
Anforderungen als Eventlocation
Dabei ist Okresek, selbst Landschaftsarchitektin, durchaus bewusst, dass man den Platz aufgrund seiner Anforderungen "durchaus differenziert" betrachten muss. Das KI benötigt die Fläche nämlich auch für seine Sportevents, wie etwa Weltcup-Veranstaltungen im Freien, zu denen Zuschauer in Massen pilgern.
Okresek weiß aber aus eigener Erfahrung, dass man im Sommer froh sein muss, wenn man es bei Hitze schnell über die versiegelte Freifläche ins KI schafft. "Man muss versuchen, den Platz so aufzuwerten, dass man wenigstens direkt vor dem Zentrum ein angenehmes Klima schafft."
Mit innovativen Lösungen könne der Platz trotzdem weiter für Events genutzt werden. Der Gestaltungsbeirat hat dazu mehrere Anregungen: Einerseits soll mit mobilem Grün gearbeitet werden, wie es etwa auch im Museumsquartier in Wien erprobt wurde. Andererseits brauche es aber auch "fix verortetes Grün" - sprich Bäume. Immerhin handle es sich um einen der wenigen Plätze in Innsbruck, wo das auch möglich sei.
Alternative zur kompletten Versiegelung
Es könne vor dem KI "nicht nur eine rein versiegelte Fläche" geben. Statt Asphalt wären etwa auch Rasenfugenpflaster denkbar. Angesprochen darauf, dass das gesamte Areal erst vor wenigen Jahren - also bereits mitten im Klimawandel - in dieser Art errichtet wurde, sagt Okresek: "Für mich als Landschaftsarchitektin ist das vollkommen unverständlich. Man hat sich einfach gar nichts für die Oberflächengestaltung überlegt."
Das kenne sie freilich auch aus anderen Städten. Wobei in den vergangenen Jahren ein Gesinnungswandel eingesetzt hat. Auch in Innsbruck sind "klimafitte" Plätze in den vergangenen Jahren quer über die Parteigrenzen hinweg in aller Munde. Vor der Messe wurde der Park "cool-Inn" als Vorzeigprojekt nach dem Schwammstadtprinzip - also mit versickerungsfähirger Oberfläche - gestaltet.
Kurz vor der Gemeinderatswahl wurde der Startschuss für die - begrünte und klimafitte- Neugestaltung des Lugger-Platzes im Stadtteil Olympisches Dorf gegeben. Auch der gilt als Betonwüste. Der in Politstreitigkeiten auf der Strecke gebliebene Bozner Platz im Zentrum von Innsbruck soll ebenfalls in diese Richtung umgebaut werden. Und am Ende - wie das KI-Areal - sogar für Veranstaltungen taugen.
Bleibt die Frage: Wird sich die Stadtpolitik also auch den Platz vor dem Kletterzentrum, das vom Alpenverein gemietet und naturaffinen Menschen besucht wird, widmen? "Ich bin für klimafitte Plätze immer zu haben", sagt der grüne Bürgermeister Willi, der am Sonntag in einer Stichwahl gegen den bürgerlichen Herausforderer Johannes Anzengruber verteidigen will, wenig überraschend.
"Der Platz heizt sich auf", weiß auch er und meint: "Ich haue mich sicher nicht für Parkplätze auf die Straße." Für Sportstadträtin Mayr steht im Fokus, dass auf der Freifläche weiter Sportveranstaltungen stattfinden können. Sie sagt aber auch: "Ich werde mich sicher nicht gegen Anpassungen sträuben, die diesen Platz klimafit machen."
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