Klagsdrohung: Bayern eskaliert den Transitstreit mit Tirol wieder

Symbolbild
Wegen der Tiroler Lkw-Blockabfertigungen fordert Bayern ein EU-Vertragsverletzungsverfahren. Für LH Platter ist das „absurd“

Noch im Februar hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach Jahren des Streits mit Tirol über den Lkw-Verkehr auf der Brenner-Route, die durch beide Länder verläuft, mildere Töne als in der jüngeren Vergangenheit angeschlagen.

Bei einem Treffen mit Bundeskanzler Karl Nehammer und Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) kritisierte Söder zwar erneut die Tiroler Lkw-Blockabfertigungen an der Grenze zu Bayern. Er präsentierte sich aber auch als Unterstützer einer höheren Maut zwischen München und Verona, die Frächtern die Fahrt über den Brenner madig machen soll.

Von Platter lange gefordert, entdeckte Söder die Vorzüge dieser Maßnahme zur Transitreduktion freilich just zu einer Zeit, in der die CSU nach zwölf Jahren nicht mehr den deutschen Verkehrsminister stellte. Der Ball liegt seither bei der Ampel-Koalition in Berlin. Die Lkw rollen indes unaufhörlich weiter durch Tirol.

Brief an von der Leyen

„Es bringt uns nichts, wenn wir uns ständig im Kreis bewegen“, begründete der bayerische Ministerpräsident seinen Vorstoß für eine höhere Maut damals in Wien. Nun schließt sich der Kreis jedoch wieder. Am Mittwoch informierte der bayerische Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) darüber, dass er in einem Schreiben an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich fordert.

Diese Forderung gehört inzwischen zum alle paar Monate wieder aufgeführten Standardrepertoire Bayerns. Für Bernreiter sind die Tiroler Maßnahmen zur versuchten Eindämmung des Transitverkehrs „unverhältnismäßig und nicht akzeptabel“. Er stößt sich vor allem an den Blockabfertigungen, die immer wieder große Rückstaus von der Grenze zu Tirol nach Bayern hinein verursachen.

„Wir sind nach wie vor der Rechtsauffassung, dass die Blockabfertigung allenfalls in außergewöhnlichen und schweren Notfallsituationen zulässig sein kann, um einen Verkehrskollaps zu vermeiden“, so Bernreiter. Die derzeitige Praxis Tirols gehe aber „weit über diesen Anwendungsfall hinaus und schafft systematisch Verkehrsprobleme in Bayern.“

Zugestaute Spur

Tatsächlich soll das dosierte Einlassen von Lkw nach Tirol an besonders verkehrsreichen Tagen verhindern, dass der konzentrierte Schwerverkehr eine von zwei Spuren auf der Inntalautobahn (A12) derart dicht macht, dass sogar die Autobahnauf- und -abfahrten blockiert werden.

Dass das Tiroler Problem nach jahrelangem Ignorieren durch den Nachbarn auch in Bayern sichtbar wird, ist ein erwünschter Zusatzeffekt. Aus Sicht von Platter ist es „absurd, dass Bayern einmal mehr mit einem Vertragsverletzungsverfahren droht“. Angesichts der nach der Pandemie rasant steigenden Verkehrszahlen seien „solche Drohgebärden irrwitzig“.

In Bayern wird indes befürchtet, dass das Tiroler Beispiel Schule machen könnte. „Denn inzwischen prüft das Land Salzburg an Tagen mit viel Verkehr auch auf der Tauernautobahn am Walserberg eine Blockabfertigung einzuführen“, sagt Bernreiter.

2023 wird in Tirol, Salzburg und Bayern gewählt. Die nachbarlichen Gefechte dürften sich noch verschärfen.

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