Brandstetter: Firtasch-Auslieferung noch offen

Justizminister Wolfgang Brandstetter
Der Justizminister hat die Letztentscheidung zu treffen. Zuvor müssten die Vorwürfe richterlich geprüft werden, bevor Geschäftsmann Dmitro Firtasch an Spanien oder an die USA ausgeliefert werden kann.

Für Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) ist die Frage einer Auslieferung des ukrainischen Oligarchen Dmitro Firtasch an die USA noch offen. Es gebe diesbezüglich noch keine Entscheidung, erklärte Brandstetter Dienstagabend in der "ZiB 2". Kompliziert werde die Sachlage durch die Überlagerung des US-Auslieferungsbegehrens durch den von Spanien ausgestellten Europäischen Haftbefehl.

Brandstetter: Firtasch-Auslieferung noch offen
Prozeß, Kirtasch, im Justizpalast
Es müsse nun ein Richter prüfen, was an den Vorwürfen aus Spanien zutreffe, sagte der Minister. Am Schluss der Prüfung werde man entscheiden, welchem Begehren stattgegeben werden könne. Wie die Entscheidung ausfallen werde könne man jetzt noch nicht sagen.

Firtasch will bis nach Straßburg gehen

Das Oberlandesgericht (OLG) Wien hatte am Dienstag die Auslieferung von Firtasch an die USA für zulässig erklärt und damit ein Urteil einer ersten Instanz aufgehoben. Firtasch, dem Bestechung und andere Delikte vorgeworfen werden, war nach der Urteilsverkündung aufgrund eines Europäischen Haftbefehls aus Spanien festgenommen worden.

Firtaschs Anwalt, Ex-Justizminister Dieter Böhmdorfer, kündigte an, die Entscheidung sowohl in Österreich als auch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg zu bekämpfen.

"Die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien mit der die erstinstanzliche Entscheidung die Auslieferung von Herrn Firtasch abzulehnen, aufgehoben wurde, ist überraschend. Wir werden die erforderlichen Schritte setzen, diese Entscheidung zu bekämpfen – sowohl in Österreich vor den dazu berufenen Gerichten, wie auch in Europa vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte", teilte Dieter Böhmdorfer mit. "Die Verhaftung aufgrund eines Europäischen Haftbefehls erfolgte nicht auf Anordnung des Oberlandesgerichts. Wir kommentieren die zeitliche Koinzidenz der Verhaftung nicht, ebenso wenig die im Haftbefehl vorgebrachte Verdachtslage, die uns zum jetzigen Zeitpunkt nicht vollständig bekannt gemacht ist." Nachsatz: "Herr Firtasch weist alle Anschuldigen kategorisch zurück und bekräftigt seine Einschätzung, dass all dies im Kontext politischer Motivation der USA zu bewerten ist. Wir bleiben überzeugt, dass sich Herr Firtaschs Unschuld erweisen wird."

Die Entscheidung des OLG Wien

"Der Senat des Oberlandesgerichts Wien entschied, dass die Auslieferung nicht unzulässig sei. Das Oberlandesgericht ging davon aus, dass die Verdachtslage nur formell zu prüfen ist", erklärt Reinhard Hinger vom OLG Wien. "Eine materielle Prüfung finde nur statt, wenn durch parate Beweismittel erhebliche Bedenken am Verdacht erzeugt würden. Das Oberlandesgericht hatte auf Grund der Urkunden und der darin dokumentierten Aussagen keine derartigen Bedenken."

Das Oberlandesgericht habe auch die Strafbarkeit des vorgeworfenen Verhaltens sowohl in Österreich als auch in den USA und kam auf Grund des Übereinkommens des UNO gegen Korruption, das sowohl die USA als auch Indien, die Ukraine und Österreich ratifiziert haben, zum Ergebnis, dass eine örtliche Zuständigkeit Österreichs für die Strafverfolgung nicht nötig sei.

Keine Anhaltspunkte

"Eine Zuständigkeit der US-Gerichte ergebe sich aus den Unterlagen, wonach mutmaßliche Mittäter Firtashs in den USA Vorbereitungshandlungen gesetzt haben", heißt es weiter. "Zur Fragen der politischen Motivation des Auslieferungsersuchens, die das Erstgericht angenommen hatte, verwies das Oberlandesgericht darauf, dass diese Überlegung nur in Bezug auf 'politisch motivierte' Straftaten anzuwenden sei, nicht aber auf allgemeine Kriminalstraftaten. Die Firtash vorgeworfenen Straftaten hätten keinen politischen Charakter." Nachsatz:"Der Senat sah auch keine Anhaltspunkte dafür, dass ein Verfahren in den USA den Garantien der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzen würde."

Das Wichtigste in Kürze:

  • Der ukrainischer Oligarch befindet sich seit seiner Festnahme im März 2014 in Österreich. Seit drei Jahren lebt Dmytro Firtasch in Wien
  • Der Vorwurf aus den USA: Firtasch soll zwischen 2006 und 2010 Schmiergeld in Millionenhöhe an indische Politiker gezahlt haben
  • Landesgericht Wien hielt 2015 eine Auslieferung für nicht zulässig: Das US-Auslieferungsbegehren sei "auch politisch motiviert"
  • Staatsanwaltschaft Wien berief gegen diese Entscheidung. Das OLG Wien gab am Dienstag dieser Berufung statt
  • Es liegt auch ein Auslieferungsansuchen aus Spanien vor. Aufgrund eines europäischen Haftbefehls aus diesem Verfahren wurde Firtasch schließlich festgenommen
  • Ein Untersuchungsrichter in Barcelona hatte die Auslieferung gefordert. Firtasch wird beschuldigt, ein Geldwäsche-Netz, das vor allem in Katalonien tätig war, angeführt zu haben, berichtete die spanische Zeitung "El Pais"

Eines vorweg: Alle Beteiligten dementieren jede Verstrickung. Aber sicher ist: Paul Manafort war Wahlkampfmanager von US-Präsident Donald Trump – ehe er im August des vergangenen Jahres plötzlich zurücktrat. Der Grund dafür ist in einer seiner früheren Tätigkeiten zu finden: Hatte Manafort zuvor Leute wie den philippinischen Diktator Ferdinand Marcos oder Mobutu Sese Seko (Zaire, heute Kongo) beraten, so war es seit 2005 die russophile Partei der Regionen in der Ukraine, die ihn als PR-Experten anheuerte. Für deren Kandidaten Viktor Janukowitsch orchestrierte Manafort vor allem dessen von Fälschungsvorwürfen überschattete Wahl zum Präsidenten im Jahr 2010.

Geschäftsbeziehungen

Dafür soll er, so berichten US-Medien, von Janukowitschs Partei 12,7 Millionen Dollar in bar erhalten haben – was er freilich dementiert. Als Beleg für die Behauptungen dient eine handschriftliche Notiz. Zudem fällt sein Name im Russland-Dossier eines britischen Ex-Agenten zu Trumps Russland-Beziehungen – Stichwort: Golden-Shower-Gate – , in dem es auch um Sexpraktiken geht. Darin heißt es aber auch: Janukowitsch habe Russlands Präsidenten Putin versichert, dass Zahlungen an Manafort nicht zum Kreml rückverfolgt werden könnten.

In seiner Zeit in Kiew soll Manafort intensive geschäftliche Beziehungen zu einigen der einflussreichsten Unternehmer im post-sowjetischen Raum aufgebaut haben. Darunter: Dmitro Firtasch. Mit ihm soll ein Immobiliendeal in New York geplant gewesen sein, der aber nie zustande kam. Firtasch persönlich dementierte dieses Investment. In der Sache sei nie Geld geflossen.

In einer Klage der ehemaligen ukrainischen Premierministerin und früheren Business-Konkurrentin Firtaschs, Julia Timoschenko, vor einem US-Gericht taucht Firtasch als Mittelsmann einer Millionen-Barzahlung an Manafort auf. Anzumerken ist in dieser Sache aber, dass Firtasch und Timoschenko über ein Jahrzehnt bittere Rivalen im Gas-Handel waren und bis heute nur eines teilen: eine tiefe, aufrichtige Feindschaft.

Dass Firtasch und Manafort aber miteinander zu tun hatten, das bestreitet niemand. Es sind die Kontakte Firtaschs, die US-Medien dazu veranlassen, Verbindungen herzustellen und die Frage aufzuwerfen: Sind Manafort und Firtasch der Link zwischen Trump und Russlands Präsident Putin?

Firtaschs Kaution in Wien (125 Millionen Euro) hatte der russische Milliardär Vasil Anisimow gestellt. Der wiederum ist ein enger Business-Partner von Arkady Rotenberg, einem engen politischen Vertrauten von Putin. Der Oligarch Rotenberg wiederum half Firtasch 2010 bei der Neuerrichtung seines Gas-Imperiums.

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