Leben wie in einem Horrorfilm: Erstes Spekulationshaus unter Zwangsverwaltung

Leben wie in einem Horrorfilm: Erstes Spekulationshaus unter Zwangsverwaltung
Zum ersten Mal wird ein Wiener Spekulationshaus zwangsverwaltet. Ein Blick ins Innere.

Ein Quietschen, kurz darauf ein lauter Knall. Der Wind bläst durch das Stiegenhaus des Gebäudes in der Salzachstraße 46 und schlägt dabei die kaputten Fenster und Türen auf und zu. Wie in einem Horrorfilm fühlt man sich in den grauen Gängen mit den aufgeschlagenen Wänden und den kaputten Bodenbelägen. Ein Film ist das hier aber nicht, sondern das echte Leben – und zwar mitten in Wien.

Leben wie in einem Horrorfilm: Erstes Spekulationshaus unter Zwangsverwaltung

Wie auch anderswo in der Stadt steht in der Brigittenau ein marodes Spekulationshaus, das vom Hauseigentümer trotz Aufforderung der Stadt nicht saniert wird. Gründe dafür gibt es mehrere: Zum einen gebe es in Wien, wie bereits berichtet, das „Geschäftsmodell“, an Geflüchtete zu vermieten und dann Strom und Heizung abzuschalten. Am Gaudenzdorfer Gürtel 41 ist das zum Beispiel der Fall.

Mieter hinausekeln

Zum anderen gibt es aber auch Fälle, in denen die Eigentümer versuchen, die Altmieter aus dem Haus zu ekeln, um die Wohnungen anschließend teurer zu vermieten.

Leben wie in einem Horrorfilm: Erstes Spekulationshaus unter Zwangsverwaltung

Eine Premiere

Der Unterschied zwischen dem Haus in der Salzachstraße 46 und all den anderen Spekulationshäusern in Wien: In der Salzachstraße könnte sich die Situation für die Betroffenen künftig – zumindest etwas – verbessern. Wie zuerst die Kronen Zeitung berichtete, ist es nämlich das erste seiner Art, das unter Zwangsverwaltung gestellt wurde.

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Konkret heißt das: Gemeinsam mit einem Mieter hat die Mieterhilfe der Stadt im Juni per Gerichtsbeschluss erreicht, dass das Haus nicht mehr vom Eigentümer verwaltet wird. Stattdessen hat das Gericht aus einer Liste an Sachverständigen einen gewerblichen Verwalter ausgewählt und eingesetzt, erklärt Christian Bartok, Leiter der Wiener Mieterhilfe. Der neue Verwalter soll dafür sorgen, dass die nötigsten Erhaltungsarbeiten durchgeführt werden (siehe Infobox). Zunächst war das nur für Arbeiten in den Wohnungen der Fall, mittlerweile sei das aber auch auf die allgemeinen Teile des Wohnhauses – wie etwa das Stiegenhaus – ausgeweitet worden, berichtet Bartok.

Dabei gehe es zum Beispiel darum, Wassereintrittsstellen abzudichten, offene Leitungen zu verschließen und wackelige Bodenbeläge zu reparieren. „Wir wollen nicht die Häuser sanieren, sondern die wichtigsten Erhaltungsarbeiten durchführen“, sagt Bartok. Zur Kostendeckung dieser Arbeiten sollen die Mieten dienen. Die werden nun nämlich direkt an den Zwangsverwalter überwiesen, nicht mehr an den Eigentümer.

Keine Verbesserung bisher

Bisher hat sich trotz Zwangsverwalter aber nichts verbessert, berichtet eine Mieterin, die schon seit 38 Jahren in dem Haus wohnt. „Hier sind nur zwölf Hauptmieter gemeldet, deren Miete an dien Zwischenverwalter geht. Alle anderen sind Untermieter“, sagt die Frau. Statt an einer Verbesserung der Situation zu arbeiten, sei der Zwangsverwalter deshalb damit beschäftigt, herauszufinden, wer hier überhaupt wohnt und wohin die Mieten fließen.

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Zum Teil bestätigt das auch Christian Bartok von der Mieterhilfe: „Das ist eine besondere Situation. Der Eigentümer dürfte einen Strohmann eingesetzt haben, der die Wohnungen untervermietet hat, um damit das Mieterrecht zu umgehen“. Derzeit versuche man deshalb die Untermieter als Hauptmieter anzuerkennen. Erste Verhandlungstermine sind dazu im Februar 2025 anberaumt, heißt es.

"Ins Tun kommen"

Dass es aber aufgrund der Untermieter zu wenig Geld gebe, um Arbeiten durchzuführen, „sollte nicht der Fall sein“, sagt Bartok. Auch der Strohmann müsse die Mieten an den Zwangsverwalter weiterleiten. Ob das aber bereits der Fall ist, ist nicht ganz klar. Vergangene Woche habe es jedenfalls einen Termin mit dem Zwangsverwalter gegeben, um mit den Arbeiten „ins Tun zu kommen“. Ob der Spuk damit endet, wird sich zeigen.

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