„Arten in lichtlosen, nahrungsarmen Habitaten haben einen extrem verlangsamten Stoffwechsel und einen verlängerten Lebenszyklus“, sagt Erhard Christian. Der Zoologe an der Universität für Bodenkultur Wien zählt zudem die typischen Merkmale der fixen Höhlenbewohner auf:
Sie sind meist blind, haben zum Ausgleich lange Fühler, ihr Körper ist unpigmentiert; Sonnenschutz überflüssig. Chitin gibt vielen Insekten ihre fahle Farbe.
Käfer, Spinnen und Tausendfüßer stehen übrigens am Ende der kurzen Nahrungskette, die oft bei Bakterien und Pilzen beginnt.
Höhlen-Pseudoskorpion aus der Eiszeit
„Höhlentiere leben meist in einfach strukturierten Lebensgemeinschaften“, sagt der Experte, der das schwierige Forschungsgebiet hervorhebt. Zwei Millimeter kleine Schnecken müssen erst gesehen werden, winzige Sechs- oder Achtbeiner aus den Spalten krabbeln.
Nicht immer ist rar, was Wissenschaftlern selten unterkommt. So zeigte sich um 1924 in den vermeintlich höhlentierlosen Nordalpen erstmals der Dachstein-Blindkäfer. In den Nördlichen Kalkalpen tauchte überraschend ein Höhlen-Pseudoskorpion auf, die Eiszeit konnte ihm doch nichts anhaben.
DNA-Analysen
„Höhlentiere können interessante Aufschlüsse über die Evolution geben“, sagt Christian. Unter den widrigen Bedingungen mögen sich Spezies im Aussehen ähneln, verwandt müssen sie deshalb nicht sein. Erst DNA-Analysen ermöglichen, Arten richtig zu bestimmen.
Während z. B. für die Gattung Arctaphaenops zunächst zehn Spezies beschrieben waren, sind heute nur noch drei anerkannt. Beim Höhlenflohkrebs Niphargus tatrensis wiederum handelt es sich tatsächlich um drei Arten.
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„Man kann Höhlen nicht ohne das Rundherum betrachten“, sagt der Biologe und spricht damit nicht nur Maschinenöl an, das bei Bauarbeiten bis tief unter die Erde sickert. Auf verschiedenen Umwegen geraten hin und wieder Lebewesen ins Reich der Schatten.
Schmetterlinge suchen Schutz vor der Sonne
2017 tauchte so ein Höhlenfisch in einer Quellhöhle am Bodensee auf. Die gravierendsten Veränderungen finden aber im Eingangsbereich statt. Hierher verschlägt es mittlerweile immer mehr Schmetterlinge, darunter das Schwarze Ordensband, auf der Suche nach Sonnenschutz. Christian: „Die Nachtfalter sind die ersten Klimaflüchtlinge.“
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Auch die Geologen im Naturhistorischen Museum haben mit den Daten aus dem Steinbockschacht die Erderwärmung im Fokus. Schließlich werden sich die veränderten Niederschläge nicht zuletzt auf das Trinkwasser aus den Höhlen auswirken.
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