Herausforderung für Bestatter: Sterben in Zeiten des Coronavirus
Das Coronavirus hat das Thema Sterben zu einem allgegenwärtigen gemacht. Selbst die stille Trauer um einen Verstorbenen und dessen letzter Weg zur Ruhestätte sind massiv von Sicherheitsbestimmungen beeinträchtigt. Für Bestatter ist der pietätvolle Umgang bei jedem Todesfall oberstes Gebot. Dass sie jetzt eingehüllt in Plastikanzüge, Maske und Vollvisier zur Leichenabholung kommen, macht die Situation für alle Beteiligten nicht einfacher, erklärt der Sprecher des Bundesverbandes der Landesinnungen der Bestatter, Rainer Wernhart.
Wegen Covid-19 hat das Gesundheitsministerium einen genauen Leitfaden im Umgang mit Verstorbenen hinausgegeben. Diese Richtlinie spiegelt sich in der täglichen Arbeit der Bestattungsunternehmen wider. Kommt es zum Ableben eines positiv getesteten Coronapatienten oder auch nur eines Verdachtsfalles, so treten für die Bestatter scharfe Richtlinien in Kraft. „So etwas gab es noch nie. Wenn bisher ein Toter eine anzeigepflichtige Krankheit hatte, wurde Desinfektionsmittel verwendet, mehr aber nicht. Jetzt sind die Maßnahmen weitaus drastischer“, so Wernhart.
Jeder Kontakt mit einer möglicherweise infektiösen Leiche darf nur mit Schutzausrüstung erfolgen. Das stellt die Bestatter besonders bei Sterbefällen in den eigenen vier Wänden vor große Herausforderungen. Alleine in Niederösterreich sind in den vergangenen Tagen mehr als 20 positiv getestete Personen oder Verdachtsfälle zu Hause gestorben. „Man betritt in Schutzkleidung eine Wohnung, in dem sich Menschen in Quarantäne befinden und gerade einen Angehörigen verloren haben. Das alles erfordert sehr viel Feingefühl“, erklärt Wernhart.
Die Richtlinien wegen des Virus besagen, dass Leichen nicht mehr, wie sonst für die Aufbahrung üblich, umgekleidet werden dürfen. Auch die Thanatopraxie, wie die optische Wiederherstellung von Unfallopfern oder andere ästhetische Eingriffe am Toten genannt werden, ist untersagt. „Eine Leichenwaschung oder Einbalsamierung kommt auch nicht mehr in Frage“, sagt der Bestatter.
Die Vorschriften des Ministeriums sind sogar noch viel weitreichender. Handelt es sich um einen Toten, bei dem zuvor wiederbelebende Maßnahmen gesetzt wurden, so dürfen alle medizinischen Hilfsmittel wie intravenöse Nadelzugänge oder ein Tubus nicht mehr entfernt werden. All diese Dinge werden zusammen mit dem Verstorbenen in einem Plastiksack verschlossen und dieser anschließend in einen Sarg gelegt. Der Sarg selbst muss nach dem Schließen außen desinfiziert werden.
Am Friedhof infiziert
Die größte Herausforderung stellen laut dem Bestatter derzeit aber die Trauerfeierlichkeiten dar. Geschlossene Räume sind tabu, deshalb finden Beerdigungen direkt an der Grabstelle im Freien statt. Allerdings nur noch im engsten Familienkreis, sofern keine Quarantäne besteht.
Laut den Richtlinien der Innung sollten nicht mehr als fünf Personen an den Trauerfeiern teilnehmen. „Das ist natürlich in manchen Fällen sehr schwierig und ein extrem emotionales Thema. Aber es ist in einem Fall in Niederösterreich leider vorgekommen, dass sich jemand bei einem Begräbnis bei einem anderen Teilnehmer der Zeremonie mit Corona angesteckt hat“, sagt Wernhart. Der nötige Sicherheitsabstand sei auch am Friedhof oberstes Gebot. Bei einer Feuerbestattung kann die Urne auch zu einem späteren Zeitpunkt, wenn kein Versammlungsverbot mehr besteht, verabschiedet werden.
Kommentare