Wünschen sich die Menschen Rosen, sagt Landschaftsarchitektin Carla Lo, stecke dahinter oft nicht der dezidierte Wunsch nach Rosen. Vielleicht aber einer nach Grünraum oder einem Tupfer Farbe.
Die Wünsche der Bewohnerinnen und Bewohner des 6. Bezirks zur Umgestaltung der Gumpendorfer Straße einem Realitätscheck zu unterziehen und auf ihre (technische) Umsetzung hin zu überprüfen, wird die Aufgabe von Lo sein. Gemeinsam mit dem 6. Bezirk, der MA 19 (Architektur und Stadtgestaltung) und dem Planungsbüro Plansinn wird sie an der Umgestaltung mitwirken. Bis es so weit ist, werden aber zunächst einmal Wünsche gesammelt.
Am Montag startete der 6. Bezirk mit einem Postwurf den Beteiligungsprozess zur Umgestaltung der Gumpendorfer Straße. 19.000 Haushalte, 4.000 Geschäftstreibende und 70 Betriebsrätinnen und Betriebsräte werden befragt. Letztere deshalb, weil man im Sinne einer umfassenden Beteiligung neben der Kooperation mit der Wirtschaftskammer auch eine mit der Arbeiterkammer eingehen wollte.
Erstmals werden für eine Umgestaltung nicht nur die Bewohnerinnen und Bewohner des betroffenen Grätzels befragt, sondern alle im Bezirk. In einem ersten Schritt wird nun in den nächsten Tagen ein Fragebogen in allen Haushalten Mariahilfs ankommen. Dieser umfasst sieben Fragen – zum Teil offene („Nennen Sie uns drei Begriffe, die Ihnen spontan zur Gumpendorfer Straße einfallen“), zum Teil mit verschiedenen Antwortmöglichkeiten zum Ankreuzen („Welche Probleme sehen Sie derzeit in der Gumpendorfer Straße in Ihrem Alltag?“).
Auch online kann man mitmachen unter www.mariahilf.wien.gv.at. Es ist ein offenes Beteiligungsverfahren, „ein mutiger, großer Prozess“, sagt Bezirksvorsteher Markus Rumelhart (SPÖ) dazu. Man mache das „weiße Blatt auf zur Diskussion“.
Die Umgestaltung der Gumpendorfer Straße zog zuletzt eine lange und heftige politische Auseinandersetzung nach sich, in der vor allem die Grünen mit der Präsentation ihrer eigenen Zukunftsvorstellungen von der Gumpendorfer Straße den Bezirksvorsteher verärgerten. „Mit eigenen Umfragen zu arbeiten, ist nicht die feine Art“, sagt Rumelhart – und hofft, dass sich politische Wortmeldungen während des Prozesses in Grenzen halten: „Die Politik hat jetzt zu schweigen“, sagt er.
Die Bürgerinnen und Bürger seien nun am Zug. Dem aktuellen Beteiligungsprozess vorangegangen war eine Potenzialanalyse mit dem Ziel, festzustellen, was überhaupt auf der Gumpendorfer Straße möglich ist – und wo. Die Ergebnisse geben – gemeinsam mit dem Stadtentwicklungsplan und den Klimazielen der Stadt – die Rahmenbedingungen für die Umgestaltung vor. Einzig unverhandelbare Sache: die Buslinie 57A. „Es ist klar fixiert, dass der 57A bleiben wird“, sagt Rumelhart.
Bis Ende Februar ist die Befragung offen. Im März und April soll das sogenannte „Gumpi-Standl“ an verschiedenen Stellen der Gumpendorfer Straße folgen. Dort wollen die Beteiligten mit den Menschen ins Gespräch kommen. Im Mai und Juni folgen Stakeholder-Workshops, etwa mit Schülerinnen und Schülern und Sozialeinrichtungen.
Im Sommer sollen dann erste Gestaltungsvorschläge für bestimmte Abschnitte der Gumpendorfer Straße vorliegen. Im September und Oktober soll dazu Feedback eingeholt werden, Ende 2023, spätestens Anfang 2024 soll der erste Vorentwurf stehen, dann soll mit der Umsetzung begonnen werden.
Ob Rosen auf der „Gumpi“ gesetzt werden oder ein Tupfer Farbe anderwertig verwirklicht wird, steht also in ungefähr einem Jahr fest.
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