Grüne Charity-Affäre: Pilz-Politiker fordert nun U-Ausschuss

Grüner Politiker Christoph Chorherr steht unter Druck
Grüner Chorherr will sich nicht für jede Spende rechtfertigen. Er habe aber niemanden begünstigt.

Der politische Druck auf den grünen Wiener Stadtpolitiker Christoph Chorherr steigt. Die Spendenliste seines gemeinnützigen Vereins s2arch, der in Südafrika zwei Schulen mit rund 500 Schülern betreibt, könnte ein Nachspiel haben.

Grüne Charity-Affäre: Pilz-Politiker fordert nun U-Ausschuss
"Ich fordere die Grünen in Wien auf, einen Untersuchungsausschuss im Wiener Landtag oder eine Untersuchungskommission im Gemeinderat zu beantragen, um die Sache völlig aufzuklären", sagt Wolfgang Zinggl, Ex-Grüner und Kultur-Sprecher der Liste Pilz. Chorherr sollte sich auch bis auf weiteres von seiner Tätigkeit als Planungssprecher der Grünen zurückziehen. "Wenn er das macht, wird man sehen, ob es für sein Projekt in Afrika weitere Spenden gibt", sagt Zinggl.

Wie berichtet, entscheidet Chorherr als Mitglied im Planungsausschuss und im Wohnbauausschuss über große Bauprojekte in Wien mit. Der Kassier des Vereins, der offenbar jahrelang die Korrespondenz über die Spenden führte, war bis 2014 Direktor in der Architektenkammer.

Zugleich erhielt der Verein s2arch, dessen Obmann Chorherr ist, hohe Spenden von Immobilienkonzernen, Finanzinvestoren und Banken. So flossen im November 2011 von der Signa Holding des René Benko 100.000 Euro an den Verein. Signa gehört zu den ganz großen Immobilienentwicklern in Wien. Kritiker orten darin eine Unvereinbarkeit. Oder anders gesagt: Kann Chorherr eine Vermengung seiner politischen Tätigkeit und der Vereinstätigkeit ausschließen?

Fragwürdiges Stimmverhalten

Der Wiener Anwalt Wolfgang List, Aufdecker des Kärntner HCB-Umweltskandals und Rechtsvertreter der Gegner des Wiener Bauprojekts "Heumarkt neu", hat bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eine Anzeige gegen Chorherr & Co. eingebracht.

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Rechtsanwalt Wolfgang List fordert die Verfahrenskosten von der Verwaltung zurück
List vermutet einen Zusammenhang zwischen dem umstrittenen Bauprojekt "Heumarkt neu" des Unternehmers Michael Tojner und dem Abstimmungsverhalten der grünen Gemeinderatsfraktion um Chorherr. Obwohl die grüne Basis das Projekt ablehnte, stimmten ihre Gemeinderäte für das Projekt. Belastbare Belege werden in der Anzeige nicht angeführt. Anwalt List meint aber, jetzt ist die Justiz am Zug.

Der Hintergrund

Fakt ist: Das Charity-Projekt, das Chorherr laut eigenen Angaben seit 2003 in Südafrika betreibt, läuft unter der Bezeichnung "Ithuba". Das heißt auf Deutsch: Chance. So ist es kein Zufall, dass der größte Spender des Vereins die Wiener Finanzberatungsfirma Ithuba Capital AG um den Investmentbanker Willi Hemetsberger ist. Für die Nutzung des Namens "Ithuba" hat Hemetsbergers Firma früher eine Lizenzgebühr an den Verein Chorherrs bezahlt. Später wurden die Zahlungen als Spenden deklariert.

"Die Ithuba Capital hat in den vergangenen acht Jahren 954.000 Euro an den Verein überwiesen" sagt Hemetsberger. Weitere 300.000 Euro zahlte die Charities Aid Foundation (CAF) des Österreichers Steven Heinz, Gründer des Milliarden schweren Londoner Hedgefonds Lansdowne Partners.

Kassasturz 2013

Laut Chorherr und Hemetsberger benötigt der Verein 500.000 Euro pro Jahr. Laut Rechnungsabschluss wurden 2013 exakt 365.274 Euro eingenommen, davon sind 336.991 Euro in den Schulbetrieb in Südafrika geflossen. Weitere 30.487 Euro wurden für die Verwaltung, 71.848 Euro für Fundraising-Personalausgaben und 20.696 Euro für Reisekosten und Spesen verwendet.

Zurück zum Spender Ithuba Capital: Bei Hemetsbergers Firma war bis Ende 2012 der Heumarkt-Projektwerber Tojner mit zehn Prozent beteiligt. Das sorgt für wilde Spekulationen. Tojner dementiert aber jegliche Verflechtung.

Erklärung Chorherrs

Eine Offenlegung aller Spenden ist laut Chorherr nicht so einfach. "Unsere Ithuba funktioniert so, dass sich bei uns verschiedene Architektur-Fakultäten melden, die mit ihren Studenten Gebäude errichten wollen. Je nach Finanzkraft der Uni schießen wir Geld zu", sagt Chorherr. Er vergleicht sich dabei mit "vielen Bürgermeistern und Landeshauptleuten, die Spenden für Fußballvereine und die Feuerwehr lukrieren".

"Wie Tausende Landesräte auch rechtfertige ich mich nicht für jede Spende, die eingegangen ist, und von denen ich teilweise nichts weiß", sagt Chorherr. "Ich habe niemanden, der gespendet hat, begünstigt."

Ein Vergehen?

Dass er im Gemeinderat bei den Abstimmungen über die Förderungen des Vereins durch die Stadt Wien mitgestimmt hat, räumt er ein. "Wenn das ein Vergehen ist, ist es ein Vergehen", sagt Chorherr. "Ich glaube mich aber zu erinnern, dass ich mich zwei Mal für befangen erklärt habe."

Laut Neos-Gemeinderätin Beate Meinl-Reisinger, die sich schon früher mit dem Fall beschäftigt hat, soll sich Chorherr nur einmal, nämlich am 16. Dezember 2015, in einer Förderungsabstimmung für befangen erklärt haben. Damals bewilligte der Wiener Gemeinderat eine Förderung in Höhe von 50.000 Euro für den Chorherr Verein s2arch. Im Jahr 2012 und 2014 waren es jeweils 100.000 Euro Förderung durch die Stadt Wien.

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