Grazer KPÖ will breite Mehrheit: "Wir empfinden keine Häme"

Robert Krotzer, Elke Kahr und Manfred Eber (v. li.) sitzen für die KPÖ im Stadtsenat
Wahlgewinnerin Elke Kahr gegen "Großprojekte, die keiner braucht", aber für mehr Ressourcen im Sozialbereich.

"Man merkt schon den Unterschied", kommentiert Elke Kahr und lacht: Das kleine Büro des KPÖ-Gemeinderatsklub im hinteren Teil des Grazer Rathauses ist so voll wie nie zuvor mit Reportern und Kamerateams. "Das zeigt, das viel auf uns einströmt", merkt Kahr an: In der Woche nach den denkwürdigen Gemeinderatswahlen - die KPÖ überholte die ÖVP und wurde mit 28,8 Prozent  stimmenstärkste Partei  - gab es bereits erste Gespräche mit sämtlichen anderen Fraktionen, über deren Inhalt Schweigen vereinbart wurde.

Das gilt  auch bei dem Punkt, wer Kahr am 17. November zur  Bürgermeisterin mitwählen wird: Mit dem logischen Partner, den Grünen, allein  reicht es knapp nicht für eine Mehrheit. Wer den Vizebürgermeister stelle  - die zweitstärkste Fraktion ÖVP mit  Kurt Hohensinner oder die Grünen mit  Judith Schwentner  - hänge von "der Frage ab, wer das Arbeitsübereinkommen unterschreibt", betont Kahr. Das könne dann möglicherweie auch eine fixe Variante über die gesamte Gemeinderatsperiode von fünf Jahren sein.

Aber die KPÖ will es ohnehin breiter anlegen. "Wir wollen einen Politikstil, der mehr Mitmenschlichkeit, Empathie und Respekt voreinander bringt", betont die Grazer Parteichefin am Freitag. "Es gibt für uns keinesfalls eine Ausgrenzung." Alle in der Stadtregierung vertretenen Parteien  sollen "entsprechend ihrer Persönlichkeit, Talente und der Schwerpunkte ihrer Politik Ressorts erhalten. Das ist uns wichtig." Die KPÖ hält drei Stadtsenatssitze (bisher zwei), die ÖVP zwei (bisher drei), die Grünen und die FPÖ wie zuletzt jeweils einen, wobei FPÖ-Chef Mario Eustacchio am Freitag erneut ankündigt, trotz Regierungssitzes in Opposition gehen zu wollen.

Die Geschichte der KPÖ

Auch die beiden weiteren Gemeinderatsklubs will Kahr einbinden, SPÖ und Neos. Und zwar in gemeinsamen, regelmäßigen Sitzungen der Regierung mit deren Klubobleuten, Michel Ehmann und Philipp Pointner. Das sei ein Stil, den SPÖ-Altbürgermeister Alfred Stingl einst hatte, "das möchte ich wieder einführen".

Aufsichtsräte umgekrempelt

Doch die Kooperation soll über Gespräche hinaus gehen: "Wir möchten, dass der Gemeinderat wieder der höchste Souverän wird", kündigt Kahr an: In sämtlichen Beiräten, Beteiligungen und Aufsichtsräten der Stadt sollen alle poltisichen Fraktionen vertreten sein. Das zielt speziell auf die Holding Graz ab, in der zuletzt nur noch schwarze und blaue Vertreter im Aufsichtsrat saßen, ganz gemäß des ÖVP-FPÖ-Paktes im Rathaus.

Auch wenn keine inhaltlichen Details genannt werden, die Eckpunkte sind seitens der KPÖ gesteckt: Keine Tarif- und Gebührenerhöhungen, die Parteienförderung gemäß der Stärke der Fraktionen gesenkt werden. "Das trifft uns als KPÖ dann am meisten", versichert Kahr. Die Mittel für Sozialpolitik sollen erhöht, dafür jene der Öffentlichkeitsarbeit der Regierung verringert werden.

Zudem werde es "keine Großprojekte geben, die keiner braucht", merkt Kahr an, eine Spitze gegen den scheidenden ÖVP-Stadtchef Siegfried Nagl, auch wenn Kahr ihn in dem Punkt nicht erwähnt. Doch sie  würdigt dessen "Einsatz und Fleiß": "Wir empfinden keine Genugtuung, keine Häme. Es ist bitter, wenn man verliert."

Wohnungen, Soziales, Finanzen

Wunschressorts der drei KPÖ-Stadträte kristallisieren sich bereits heraus: Kahr möchte als Bürgermeisterin auch für Wohnungen und Soziales zuständig sein, Robert Krotzer weiterhin für Gesundheit und Pflege. Der designierte Stadtrat Manfred Eber, bisher Klubobmann, liebäugelt mit den Finanzen.

Die KPÖ machte allerdings dieser Tage noch mehr Schlagzeilen: Der Auftritt des Landtagsabgeordneten Werner Murgg im staatlichen TV von Belarus war "nicht g'scheit", kommentiert die Grazer Parteiobfrau,. "Die Politik in diesem Regime ist nicht meine. Ich weiß nicht, welcher Teufel ihn da geritten hat, in die Falle zu tappen und dort ein Interview zu geben." Das werde die Grazer Regierungsverhandlungen aber nicht beinträchtigen, glaubt Kahr.

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