Graz: In 80 Tagen durch den Wahlkampf

Die Uhr steht auf Wahlkampf
Der 5. Februar als Neuwahltermin in Graz steht. Er kommt für die neuen Spitzenkandidaten sehr früh.

Schneller geht nicht mehr: Der 5. Februar 2017 ist der frühestmögliche Termin für die Neuwahlen in Graz. Regulär wäre erst Ende November gewählt worden.

Um das flotte Tempo durchstehen zu können, lässt ÖVP-Stadtchef Siegfried Nagl am 18. November ein Budgetprovisorium in den Gemeinderat einbringen. Im Anschluss an diese Sitzung löst sich der Gemeinderat dann auf, dafür ist eine eigene Sondersitzung nötig: Sie soll um 20 Uhr stattfinden. Der Wahltermin ist fix, die Mehrheit dafür sicher, SPÖ und FPÖ haben ihre Zustimmung bereits zugesagt.

Dann bleiben noch 80 Tage bis zum Wahltag. Nagl, der sich noch vergangene Woche über die Neuwahlen mokierte, kann es jetzt gar nicht mehr rasant genug gehen: Der Bürgermeister begründet dies mit den Special Olympics, die ab März auch in Graz ausgetragen werden, sowie der Rückkehr zum gewohnten Wahltermin zu Jahresanfang.

Nur nicht mit dem Bund

Tina Wirnsberger, Spitzenkandidatin der Grünen, vermutet allerdings anderes Kalkül dahinter. "Ich glaube, dass auch die Entwicklung im Bund eine Rolle spielen wird." Die Neuwahlgerüchte auf Bundesebene wollen ja nicht verstummen; die Gefahr, gemeinsam oder zeitnahe in Graz wählen zu müssen, dürfte Nagl nicht riskieren wollen, schätzt Wirnsberger. "Im Bund haben ja ÖVP wie SPÖ Probleme."

Doch die Grüne gesteht zu, dass der frühe Termin es gerade für sie selbst nicht einfacher mache. "Es ist natürlich eine kurze Zeit, um rauszugehen. Der Termin kommt früher als erwartet, aber nicht unerwartet."

Wirnsberger hat in der Stadt noch keine offizielle Funktion, bis zu den Wahlen bleibt Lisa Rücker als Stadträtin im Amt. "Ich habe viele Ideen", gibt sich die 33-jährige Sozialpädagogin kämpferisch. "2008 hat’s ja auch geheißen, Rücker wer? Und sie hat die Stimmen dann verdoppelt."

Ungeliebte Koalition

Rücker war von 2008 bis 2012 die erste Grüne, die in einer Art Koalition mit der ÖVP paktierte und so Vizebürgermeisterin wurde. Etwas, das Wirnsberger so nicht mehr unterschreiben würde. "Zum jetzigen Zeitpunkt wäre eine fixe Koalition mit der ÖVP ein bisserl absurd. Mir fehlt zum Beispiel Nagls Verständnis für die direkte Demokratie."

Die abgelehnte Volksbefragung zum Murkraftwerk in Puntigam durch ÖVP, SPÖ und FPÖ löste die Neuwahl-Debatte vergangene Woche überhaupt erst aus: Vizebürgermeisterin Elke Kahr schloss ohne Befragung ein Ja der KPÖ zum Budget 2017 aus. Ohne Budgetbeschluss sind Neuwahlen unausweichlich, einzig der Termin wäre noch offen gewesen.

Das erste Mal

Während Nagl, Kahr und FPÖ-Stadtobmann Mario Eustacchio bereits Erfahrung als Spitzenkandidaten haben, steht neben Wirnsberger auch SPÖ-Stadtrat Michael Ehmann zum ersten Mal in der ersten Reihe. Er löste erst im April Martina Schröck als SPÖ-Vorsitzender ab, erst am 16. Juni wurde er in den Stadtsenat gewählt. Bevor er der sechste Obmann der Grazer SPÖ innerhalb von sechs Jahren wurde, saß der Zahntechniker und Betriebsratsvorsitzende seit 2007 (mit einigen Unterbrechungen) im Nationalrat.

Doch auch der 43-Jährige gibt sich betont gelassen ob des Neuwahltermins. "Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende", lässt er in der jüngsten Ausgabe einer SPÖ-Zeitung wissen. "Die Damen und Herren von ganz links und ganz rechts sind zwar stark im Wortführen, aber schwach im Worthalten." Ehmann hat im Gegensatz zu FPÖ-Chef Eustacchio und KPÖ-Chefin Kahr die Budgetlinie des ÖVP-Chefs Nagl mitgetragen. Auch er lehnte wie Nagl die Volksbefragung zur Staustufe ab.

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