Teureres Parken, höhere Gebühren: Wie die Stadt Graz gegensteuert
Graz sei weder pleite noch drohen Neuwahlen, kommentierte Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ), als die Mahnung des Stadtrechnungshofes am Montag publik wurde: Österreichs zweitgrößter Stadt drohe 2023 die Zahlungsunfähigkeit als Folge des hohen Schuldenbergs von derzeit 1,6 Milliarden Euro und der laufenden Teuerung. Das Budget 2022/23 sei nicht ausreichend dafür vorbereitet, rüffelten die Kontrollore.
Am Freitag präsentierten Kahr und Finanzstadtrat Manfred Eber (ebenfalls KPÖ) ihren Weg aus der Krise. "Zwei Jahre Pandemie, explodierende Energiekosten und Baukosten tragen dazu bei, dass sich viele Städte und Gemeinden in ähnlichen und gleich schlimmen Situationen befinden", sagte Kahr.
Kostensteigerungen um bis zu 109 Prozent
Demnach steigen die Kosten für Gas für die Stadt Graz im kommenden Jahr um 109 Prozent, für Fernwärme um 95 Prozent, für Treibstoff der Busflotte und Müllfahrzeuge - sie brauchen insgesamt pro Jahr rund sechs Millionen Liter Diesel - um 60 Prozent und Strom um 53 Prozent. Zusammengerechnet gibt das Energieausgaben, die von 4,3 Millionen Euro auf 7,9 Millionen Euro steigen.
"Das ist keine leichte Aufaufgabe, aber unsere Koalition ist nicht nur für Schönwetter-Phasen angetreten. Aber das ist sicherlich die härteste Nuss für die Eichkatzerlpartei in den kommenden Jahren", spielte Kahr auf das alte KPÖ-Werbesujet eines roten Eichkätzchens an.
Ab 2024 noch schwieriger
Eber begründete die Problematik mit Inflation und Konjunktur: Im April sei die Inflationsrate bei 7,2 Prozent gelegen, die Experten schätzen, sie würde bis Jahresende auf vier Prozent sinken. "Tatsächlich sind wir bei einer zweistelligen Inflationsrate", merkte Eber an.
Die Konjukturprognose sei im März von einem Wirtschaftswachstum von zwei Prozent für 2023 ausgegangen, jetzt habe sie sich auf 0,2 bis 0,3 Prozent verschlechtert. Ab 2024 würde die Situation noch schwieriger, befürchtete Eber.
Lösung gesucht
Die am Freitag vorgestellten Lösungssschritte lassen sich in kurzfristige und mittelfristige Maßnahmen unterteilen.
Gebühren: 2023 werden die Grazer doch wieder mehr für Kanal und Wasser mehr bezahlen müssen. Prinzipiell ist diese Erhöhung automatisch an die Inflation gekoppelt, doch für 2022 ließ man sie ausfallen, dafür war ein Gemeinderatsbeschluss nötig. Das war eine Bringschuld der KPÖ, die dies im Wahlkampf 2021 versprach. Dem Budget fehlten dadurch drei Millionen Euro an Einnahmen allein für 2022.
Parkgebühren: Ebenfalls im Lauf den kommenden Jahres werden die Autofahrer mehr für Parklätze in der Stadt zahlen müssen, die Parkraumbewirtschaftung wird ausgeweitet, die Tarife sollen erhöht werden. "Das ist in der Koalition besprochen worden", merkte Stadtchefin Kahr an.
Personal: Rund 4.000 Beschäftigte gibt es im Magistrat Graz, denen die Stadt üblicherweise die gleiche Lohnerhöhung zukommen lässt wie den Bediensteten im Bund. Spekulationen, wonach die Bediensteten weniger Gehaltserhöhung bekommen würden als die Kollegen anderer Gebietskörperschaften, seien falsch, ließ Eber wissen. "Wir haben vor, den Beschluss des Bundes zu übernehmen." Der Widerstand der Personalvertretung wäre sonst auch gewiss gewesen.
Strukturreform angekündigt
Mittelfristig würde "in den operativen Budgets der Abteilungen geschaut, was zu optimieren ist", kündigte Finanzdirektor Stefan Tschikof an. Dazu gehöre die "Strukturreform für Magistrat und Beteiligungen" plus "Aufgabenkritik". Auch die Investitionen stünden "auf dem Prüfstand". Diese Maßnahmen sollen bis Jänner ausgearbeitet sein und im März in den Gemeinderat eingebracht werden.
Da könnten dann schmerzlichere Einschnitte folgen, etwa die Ausdünnung des Taktes der öffentlichen Verkehrsmittel an Tagesrandzeiten. "Nicht ist außer obligo", meinte Kahr. Aber es sei völlig unseriös, heute etwas dazu zu sagen, zumal dies in das Aufgabenfeld der - ausgegliederten - Holding Graz falle.
Graz ist aber kein Einzelfall, Teuerung und steigende Stromkosten sind auch in anderen öffentlichen Haushalten Preistreiber. Das Zentrum für Verwaltungsforschung (KDZ) befürchtet, dass kommendes Jahr ein Drittel aller Kommunen ihren Haushalt nicht mehr eigenständig decken können, sie würden dann Abgangsgemeinden werden.
Der Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi (Grüne) fordert "ein weiteres Gemeindepaket des Bundes, um den Gemeinden bei den höheren Kosten zu helfen, die sie haben". Das könne abgewickelt werden wie jenes Hilfspaket, das die Bundesregierung wegen der Corona-Pandemie aufstellte: Die Kommunen konnten aus der "Gemeindemilliarde" Geld für neue Investitionen abrufen, so sollte die Konjunktur am Laufen gehalten werden.
Der Städtebund bezifferte den zusätzlichen Finanzbedarf für alle Gemeinden Österreichs mit 1,5 Milliarden Euro.
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