„Ganz Österreich würde 50 Wölfe vertragen“
„Nicht überall in Österreich ist Platz für den Wolf“, schickt „Kuratorium Wald“-Präsident Gerhard Heilingbrunner voraus. Um „ein konfliktfreies Nebeneinander von Mensch, Nutztieren und Wolf zu schaffen“, ließen sich aber leicht geeignete Wolfszonen ausweisen. Nach Vorstellung des Umweltschutzvereins würden diese primär in der Steiermark, zum Teil aber auch in NÖ liegen (siehe Grafik).
In diesen Wolfszonen könnten die unter strengem Schutz stehenden Raubtiere Rudel bilden, ohne für Menschen oder Landwirtschaft zur Gefahr zu werden. Nach Ansicht der Umweltlobbyisten müsste ein solches Gebiet über mindestens 20.000 Hektar an dicht geschlossenen Wäldern sowie über ein entsprechendes Fresshabitat mit reichlich Rehen, Rotwild und Wildschweinen verfügen. Zudem sei eine geringe Bevölkerungsdichte ein ausschlaggebender Faktor. Geht man von etwa zehn Wölfen pro Rudel aus, dann vertrage Österreich bundesweit fünf Rudel, also 50 Tiere, meint Heilingbrunner.
Eigene Verordnung
Die Entstehung einer „Wolfskarte“ mit ausgewiesenen Habitaten sei aber noch nicht ausreichend. „Wir müssen unsere Wolfspopulation noch besser kennen lernen, um mit entsprechenden Maßnahmen reagieren zu können und brauchen deshalb ein umfassendes Monitoring“, sagt Ökologe Gerald Gimpl. Dem Kuratorium Wald schwebt zudem eine Wolfsverordnung auf Basis einer 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern vor.
Darin solle ein Stufenplan enthalten sein, erklärt Heilingbrunner. Punkt eins sei der Schutz der Tiere in Wolfszonen. Zweitens müssten Herdenschutzmaßnahmen in der Landwirtschaft (wie Zäune, Hunde oder Frühwarnsysteme) finanziell unterstützt bzw. Schäden abgegolten werden. Großflächige Verzäunungen lehnt man jedoch ab – „Wald, Almen und Kulturlandschaft müssen für die Bevölkerung frei zugänglich bleiben“. In ungeeigneten Zonen oder falls der Herdenschutz nicht greife, sei drittens auch die Vergrämung der Wölfe durch Schreck- oder Gummigeschosse denkbar. Und sollte das nicht funktionieren, sei der Abschuss „das letzte Mittel“.
Reaktionen
Nicht nur in puncto Vergrämung gehen die Meinungen auseinander. Für Wiens Forstdirektor Andreas Januskovecz ist die Verwendung von Gummigeschossen nicht nur „kontraproduktiv, weil das Tier dadurch verletzt und somit erst recht scharf gemacht werden könnte“. Die Maßnahme stehe zudem auch im Widerspruch zum Tierschutzgesetz. Einzig mögliche Vergrämung sei, ungestörte Lebensräume für Rudel gar nicht erst entstehen zu lassen.
„Wölfe zeigen eine effiziente Selbstregulation. Bejagung kann sich negativ auswirken und Vermehrungsraten und den Druck auf Weidetiere erhöhen“, gibt Wolfsforscher Kurt Kotrschal zu bedenken. Der Herdenschutz sei möglich und dringend nötig. Andernfalls würden Wölfe sehr schnell lernen, dass man Weidetiere bequemer erbeuten kann, als Wildtiere. Was größere Schäden vorprogrammiere.
„Wölfe sind Weitwanderer, die in kurzer Zeit mehrere hundert Kilometer zurücklegen können“, betont Leopold Slotta-Bachmayr vom Naturschutzbund. Mit den derzeit zur Verfügung stehenden Mitteln sei es daher gar nicht möglich, größere Gebiete frei von Wölfen zu halten, argumentiert er. Der Abschuss von Wölfen sei nach EU-Recht nur in spezifischen Einzelfällen legal. Regionen zu schaffen, die von Wölfen nicht betreten werden, sei deshalb nicht machbar.
„Wolfsfreie Zonen sind sowohl rechtlich als auch naturschutzfachlich realitätsfern“, stellt Christian Pichler vom WWF fest. Ein Wolf der ungeschützte Schafe erbeutet, sei kein „Problemwolf“ erklärt Pichler und fordert ebenfalls Herdenschutz.
Deutsche Einwanderer
Seit 2015 leben Wölfe fix in Österreich. DNA-Proben legen nahe, dass sie aus dem deutschen Lausitzgebiet stammen. Das Rudel lebt auf dem Truppenübungsplatz Allentsteig im niederösterreichischen Waldviertel und hat heuer zum dritten Mal Nachwuchs bekommen. Gerüchte über ein zweites Rudel konnten bisher nicht bestätigt werden. Laut offiziellem Stand leben in Österreich derzeit etwa 20 bis 30 Wölfe. Die Zahl umfasst das Rudel im Waldviertel, einiger seiner Jungtiere, die ausgezogen sind, sowie einige umherziehende Tiere, die aus Nachbarländern kommen.
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