Freizeitflieger fürchten um Luftraum

Enge Korridore, gedeckelte Flughöhen: Vereinsobmann Pfeifer lässt sich schon mal symbolisch von Segelflieger Reithofer Fesseln anlegen.
Geplante Beschneidung des Luftraums für Segler, Paragleiter, Drachenflieger löst heftige Proteste aus.

Piloten gelten als besonnene Leute. Seit einiger Zeit aber proben sie – gemeinsam mit vielen Gemeinden – den Aufstand gegen Pläne des Verkehrsministeriums.

Der KURIER bat den 47-jährigen Fluglehrer Klaus Ertl zum Interview. Der Grazer hat 20 Jahre Flugerfahrung und ist der Sicherheitsspezialist der österreichischen Segelflieger.

KURIER: Es gibt einen Plan, den österreichischen Luftraum neu aufzuteilen. Wie soll das aussehen?

Klaus Ertl: Die Höhengrenzen werden abgesenkt, es bleibt weniger Platz für Paragleiter oder Kleinflugzeuge. Die müssen daher niedriger fliegen. Auf die Bevölkerung kommt daher ein veränderter Lärmteppich zu.

Ist das ein Problem für Paragleiter und Privatpiloten?

Freizeitflieger fürchten um Luftraum
honorarfrei Fluglehrer Klaus Ertl
Paragleiter dürften in diesen Bereichen nie mehr fliegen. Privatpiloten müssten entweder bei Austro Control einen Genehmigung beantragen oder tiefer fliegen. Gemeinsam mit weiteren ähnlichen Veränderungen ist der Druck auf den Flugsport sehr hoch geworden, wir haben in den vergangenen Jahren Rückgänge von bis zu 50 Prozent Mit weitreichenden Folgen.

Folgen für wen?

Fliegerclubs könnten nicht mehr wirtschaftlich geführt werden.

Gut, dann können eben manche Menschen ihr teures Hobby nicht mehr ausüben. Ist das so schlimm?

Damit verlieren aber auch Gemeinden Einnahmen. Und viel schlimmer: Profipiloten von Verkehrsmaschinen üben bisher Sicherheitsfertigkeiten mit kleinen Flugzeugen in den Vereinen. Dafür braucht es aber auch Flugplätze, Flugzeuge, und ehrenamtlich geführt Vereine, die diese Infrastruktur aufrechterhalten. In Schwechat können sie diese Dinge nicht trainieren. In Deutschland gibt es ca. 70.000 Paragleiter, für die ist Österreich das Urlaubsziel Nummer eins, in vielen Regionen eine wichtige touristische Einnahmequelle.

Die Lage klingt verzwickt. Sehen Sie eine Lösungsmöglichkeit?

Ja. Die Anflugwege der Verkehrsflugzeuge zu den Flughäfen sollten etwas steiler sein, könnten eine Kurve mehr haben als bisher. Dadurch gäbe es weniger Lärmbelastung, die Fluggebiete der Paragleiter und der Verkehrsflugzeuge wären getrennt. Auf allen Bundesländerflughäfen haben wir wesentlich weniger Verkehr, bis zu minus 47 Prozent. Wir sehen daher keinen Bedarf für so einschneidende Veränderungen. Auch die EU hat einen Beitrag geleistet. Nach ihren Richtlinien darf das Militär zukünftig keinen Luftraum mehr sperren, den es gar nicht nutzt.

Ist in den Vorbereitungen etwas schiefgelaufen?

Die Kommunikation auf Augenhöhe. Bürgermeister konnten allenfalls den Entwurf einer Verordnung mit fliegerischem Fachchinesisch und 50 Seiten GPS Koordinaten finden. Auch hat man vor, Luftraum für Paragleiter zu sperren, der durch Verkehrsflugzeuge ohnehin nicht genutzt werden darf, weil er unterhalb der Radarüberwachung liegt. Beides wäre nicht notwendig. Ganz Europa setzt diese EU-Verordnung um, diese Probleme gibt es nur in Österreich.

Einen Sturm der Entrüstung hat das Verkehrsministerium mit seinen nationalen Plänen für eine neue Aufteilung des Österreichischen Luftraumes für alle Flieger ausgelöst.

Nun trifft eine Flut von Protestbriefen im Ministerium ein, in denen Flieger, Gemeinden und Gemeindeverbände fehlende Information beklagen.
Betroffen ist auch der Flugsportverein Stockerau, der größte in NÖ: „Manche werden die Fliegerei an den Nagel hängen, weil es immer komplizierter wird“, kritisiert Obmann Anton Pfeifer. Auch Josef Reithofer, Segelflug-Referent und begnadeter Weitstrecken-Segler, sieht Ausbildung und Sport durch Höhenbeschränkungen in Gefahr: „Segelflug wird nahezu unmöglich. Wir müssen die Thermik nützen.“

Sicherheit

Elisabeth Landrichter, Leiterin der Gruppe Luft im Verkehrsministerium meint dazu: „Europaweit treten mit
4. Dezember 2014 einheitliche Luftverkehrsregeln (SERA – Standardised European Rules of the Air) in Kraft. An diese müssen auch die nationalen Vorschriften angepasst werden. Dies wurde weiters zum Anlass genommen, um die bestehenden Regelungen zu überprüfen und im Sinne größtmöglicher Sicherheit für alle Beteiligten nachzubessern.“ Oberste Maxime sei bei der Novelle der Luftverkehrsregeln, das größtmögliche Sicherheitsniveau zu gewährleisten und es, wo nötig, zu verbessern.
„Die Neugestaltung der Lufträume wurde in über
20 Sitzungen durch die Airspace Task Force (ATF) ausgearbeitet. An dieser Taskforce waren neben Austro Control und zwei Ministerien unter anderem auch der Österreichische Aero Club und die Wirtschaftskammer Österreich beteiligt“, betont Landrichter.
Mit der vorliegenden Novelle habe man versucht, den besten Kompromiss aus den Anforderungen aller Luftverkehrsteilnehmer zu finden und das bestmögliche Sicherheitsniveau Österreichs Luftfahrt sicherzustellen, beteuert sie. G. Weisbier, S. Straka

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