Forderung: Nummerntafel für jeden Polizisten
Wie oft kommt das Wort „Polizei“ im Grünen Wahlprogramm für die Nationalratswahlen 2019 vor?
Man sollte es nicht glauben, immerhin gleich 15-Mal (nur vier Mal weniger als das Wort „Klima“). Doch ganz so wichtig scheint das Thema dennoch nicht zu sein, denn konkrete Maßnahmen finden sich in dem Papier der möglicherweise künftigen Regierungspartei nur wenige (etwa mehr Migranten bei der Exekutive).
Ein Vorschlag sticht aber auf jeden Fall hervor: Die Grünen wollen eine Kennzeichenpflicht für alle Polizeibeamten. Dass dies in der kommenden Legislaturperiode eingeführt werden könnte, ist durchaus wahrscheinlich: Denn diese „Nummerntaferl“ für Polizisten gibt es in vielen Ländern; auch in der nächsten Sitzung des Menschenrechtsbeirats im Innenministerium soll dies laut KURIER-Informationen ein Thema werden.
Dagegen laufen aber nun die Personalvertreter der Polizei Sturm: „Zusammengefasst strebt das grüne Parteiprogramm an, die Bevölkerung besser vor der vermeintlich ,nicht vertrauenswürdigen’ Polizei zu schützen, statt die Polizei zu stärken, damit sie den Schutz der Bevölkerung besser gewährleisten kann“, heißt es in einem Facebook-Statement der blauen AUF.
Kennzeichnungspflicht für Polizistinnen und Polizisten
Persönlichkeitsrechte?
„Wir lehnen das entschieden ab, auch ein Polizist hat Persönlichkeitsrechte“, sagt AUF-Bundesvorsitzender Werner Herbert. „Schon jetzt hat man bei Vorfällen immer den Betroffenen ausforschen können. Es ist noch nie ein Polizist in der Anonymität verschwunden.“
„Für mich kommt eine zusätzliche Kennzeichnungspflicht nicht in Frage“, betont auch der oberste Polizeigewerkschafter Reinhard Zimmermann (FCG). „Letztendlich gibt es schon jetzt die Möglichkeit der Aushändigung einer Visitenkarte mit Dienstnummer. Das scheint mir völlig ausreichend. Einerseits werden gerade der Polizei durch die Datenschutzbestimmungen Schwierigkeiten bei der Aktenerhebung gemacht, andererseits diskutiert man aber über Namensschilder oder Nummernschilder.“
Und Zimmermann nutzt dies für einen politischen Seitenhieb: „Es freut mich, dass sich auch die AUF langsam unserer Meinung anschließt. Vor einigen Wochen noch haben Abgeordnete der FPÖ die Vornamen und abgekürzten Familiennamen einiger Mitglieder der Soko Ibiza veröffentlicht, weil die Bevölkerung angeblich ein Recht darauf habe.“
Ganz anders als die beiden Personalvertreter sieht es der Kriminalsoziologe Norbert Leonhardmair vom Institut Vicesse: „Auf der anderen Seite (der Protestierenden, Anm.) gibt es ein Vermummungsverbot bei Demonstrationen.
Auf Polizeiseite wäre das ebenfalls wünschenswert. Befürchtungen, dass Beamte dadurch gezielt verfolgt werden, sind nicht evident.“ Er betont, dass bisher fast jeder Polizist, dem etwas vorgeworfen wurde, ausfindig gemacht wurde; es gebe aber „gewisse Einsatzgruppen und Einsatzleiter, die wir kritisch sehen. Die sind etwas rabiater als andere.“
So eine Maßnahme würde deeskalierend wirken.
Werner Herbert, AUF: "Grüne wären gut beraten, offen auf die Polizei zuzugehen."
Nummern oder Namen
Die Grünen präzisierten auf Anfrage ihren Vorschlag: „Die Erkennbarkeit der Polizeibeamten kann durch Namensschilder oder klar zuordenbare Nummern an den Uniformen erfolgen.“
Alma Zadic, die im grünen Verhandlungsteam für eine mögliche Regierungsbeteiligung sitzt, wollte noch nicht sagen, ob dies Thema bei den Gesprächen mit der ÖVP wird: „Wir setzen erst die Verhandlungsteams fest. So tief sind wird noch nicht in den Themen.“
Von Deutschland bis zu den USA üblich
Erst vor knapp einem Monat beschäftigte sich das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mit der Frage, ob die Kennzeichnungspflicht für Polizisten verfassungswidrig ist. Derzeit haben die Beamten in der Hälfte der deutschen Bundesländer eine Nummer zu tragen. Und das ist rechtlich in Ordnung, so zumindest das Urteil der deutschen Richter. Die Richter erklärten darin, dies stärke die Bürgernähe und Transparenz der Polizeiarbeit, außerdem gewährleiste es eine leichtere Aufklärung.
Tatsächlich gibt es nur noch wenige Polizeien in Europa, die keine Kennzeichnung tragen. Neben Österreich ist dies etwa in Dänemark, Finnland und den Niederlanden der Fall, in fast allen anderen Ländern gibt es diese zumindest in einzelnen Regionen. Der Züricher Gemeinderat etwa beschloss 2011, dass eine sichtbare Dienstnummer der Stadtpolizei verhindern soll, dass Beamte anonym Gewalt ausüben können.
Die schwedische Polizei kennzeichnet ihre Beamten nicht grundsätzlich – außer wenn sie zum Beispiel durch das Tragen eines Helmes unkenntlich sind. Auf Wunsch müssen sie aber wie auch in Österreich ihren Dienstausweis zeigen.
In den USA tragen die Polizisten bereits seit dem Jahr 1975 ein Namensschild, in manchen Bundesstaaten gibt es auch zusätzlich noch eine Personalnummer. Ungarn verlangt von seinen Beamten, dass sie sogar mit Namen und Dienstgrad auf den Uniformen erkenntlich sind.
Bei der Polizei in Großbritannien ist die Kennzeichnungspflicht die Entscheidung der jeweils regionalen Polizeiführung. Vorgesehen sind dabei Etiketten mit Namen oder Identifikationsnummern und dem jeweiligen Rangabzeichen.
Die Mehrheit der Polizeibeamten in Europa hat allerdings nur eine Nummer – etwa in Spanien, Tschechien, Italien oder Griechenland.
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