"Arbeitsinspektorat müsste 80 % der Polizei-Inspektionen zusperren"

"Arbeitsinspektorat müsste 80 % der Polizei-Inspektionen zusperren"
Runder Tisch vor den Personalvertretungswahlen der Exekutive: Was bleibt von der Ära des Innenministers Herbert Kickl?

Nach der Wahl ist vor der Wahl. Jene zum Nationalrat ist geschlagen, am 27. und 28. November dürfen 32.326 Polizisten zur Wahlurne und ihre neue Personalvertretung wählen. Zwar ist noch unklar, wer ihr neuer Innenminister wird, aber eindeutig ist, dass es zwischen den schwarzen, roten und blauen Personalvertretern hoch hergeht.

„Teure Selfie-Polizei“

Bei der KURIER-Elefantenrunde wurde heftigst diskutiert – über einen Grünen Innenminister, desolate Wachzimmer und natürlich die Berittene Polizei. Der aktuelle Vorsitzende des Zentralausschusses, Reinhard Zimmermann (FCG), sprach von einer „2,4 Millionen Euro teuren Selfie-Polizei, die einsatztaktisch nicht unbedingt notwendig“ sei.

Das ließ den AUF-Chef Werner Herbert laut werden: Diese Zahlen seien „völlig aus der Luft gegriffen“, die Reiterstaffel würde (ohne Personalkosten) nur 380.000 Euro kosten – Österreichs Berittene werde „international hoch gelobt“.

Der rote FSG-Vertreter Hermann Greylinger ätzte dazu: „Woanders fliegt die Polizei mit Drohnen, bei uns beginnt man erst zu reiten. Das ist der falsche Weg.“

Hoch gingen die Wogen auch bei der schlechten Ausstattung der Polizei: 80 Prozent der Dienststellen könne man „nur mit dem Bagger sanieren, weil sie so heruntergekommen sind“, meinte Herbert. „Das Arbeitsinspektorat müsste diese 80 Prozent der Dienststellen schließen“.

KURIER Talk Polizeigewerkschaft

„Es gibt nicht einmal getrennte Umziehräume in manchen Wachzimmern und kein funktionierendes Funksystem“, legte Greylinger nach. Zimmermann sagte dazu: „Wir könnten diskutieren, was aus der Ära Kickl übrig ist: Nämlich nix.“

Herbert Kickl "erfolgreich"

Das wiederum wollte der AUF-Vertreter nicht auf sich sitzen lassen und verwies auf die dünne Personaldecke: „Niemand hat etwas gemacht, weder ein schwarzer Innenminister, noch ein roter Bundeskanzler. Die Rekrutierung von Herbert Kickl war die erfolgreichste Rekrutierungsaktion, die es je im BMI gegeben hat“.

"Arbeitsinspektorat müsste 80 % der Polizei-Inspektionen zusperren"

Von links nach rechts: Zimmermann, Herbert, Greylinger

Dies habe gerade mal eine Steigerung bei den Aufnahmezahlen von 1620 auf 1685 gebracht, konterte Zimmermann erbost. „Wir werden ein neues Ausbildungskonzept vorlegen, um das leidige Personalproblem endlich in den Griff zu bekommen“, erklärte Greylinger. Er sprach von „Show-Effekten“ bei der Rekrutierung, die mit schnellen Autos und Aktionen bei Veranstaltungen für Streit in der Exekutive sorgte.

Einigkeit gab es nur in einem Punkt – und das ist ziemlich überraschend. Alle drei Fraktionen haben keine Parteiwünsche für den nächsten Innenminister: „Es spielt keine Rolle, wer gegenübersitzt“, meint die schwarze FCG. „Ob der Minister schwarz, blau oder rot ist, hat für mich keinen Belang“, sagt der rote Vertreter.

Und der blaue meinte: „Es ist nicht eine Frage des Couleurs des Ministers, sondern welche Zugänge er hat.“ Auf die KURIER-Nachfrage, ob ein Grüner Innenminister ein Schreckgespenst für die AUF wäre, antwortete Herbert: „Es ist keine Frage, welche Farbe ein Minister hat, sondern wie er inhaltlich zur Polizei steht.“

„Ihr habt volle Hosen“

FPÖ-Nationalrat Herbert kündigte auch mögliche blaue Wahlzuckerl an: Die AUF wünsche sich ein vom Dienstgeber bezahltes Rechtsschutzpaket für alle Polizisten, die sie bei Dienstvergehen, aber auch beim Vorgehen gegen „untergriffige Artikel in den Medien“ schütze. Dazu solle es eine abschlagsfreie Pension für Polizisten mit 60 geben.

Greylinger konterte: „Es ist kühn für eine abschlagsfreie Pension zu sein, aber im Nationalrat wenige Tage zuvor dagegen abzustimmen.“ Die rote Personalvertretung habe 1992 sogar „einen Marsch auf dem Ring gegen den eigenen Minister durchgeführt: Das hätte ihr Euch nicht getraut, da habt ihr die Hosen voll gehabt.“

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Der Favorit: Reinhard Zimmermann gelang bei der bislang letzten Personalvertretungswahl ein Kunststück: Trotz eines ÖVP-Innenministers erzielte die schwarze Gewerkschaft (FCG) die Mehrheit. Er bot erst Sobotka und dann auch Herbert Kickl (FPÖ) die Stirn, obwohl dieser wenig Herz für eine starke Personalvertretung hegte. Bei der vergangenen Wahl legte die FCG leicht zu – von 37,7 auf 38,9 Prozent. Die christlichen Gewerkschafter hielten damit ihre fünf Mandate im Zentralausschuss.

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Der Herausforderer: Hermann Greylinger („Personalvertretung ist mein Leben“) meldet sich gerne mit lauten Tönen zu Wort, auch in der Diskussion war er leidenschaftlich. Beim anschließenden Besuch der KURIER-Redaktion fragte er auch gleich nach, warum seine Leserbriefe zu selten veröffentlicht werden. Greylinger war vor Zimmermann Chef des Zentralausschusses. Nach einem kleinen Tief im Jahr 2014 (minus sieben Prozentpunkte, nur vier Mandate) soll es nun wieder auf Platz eins gehen.

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Der Außenseiter: Werner Herbert war für die FPÖ im Nationalrat und wurde nun hinausgewählt. Er ist Bundesvorsitzender der AUF, aber eigentlich nicht der Spitzenkandidat (der ist Reinhold Maier). Herbert möchte dennoch in den Zentralausschuss einziehen. Die blaue Vertretung legte zuletzt auch zu: 2009 erreichte man zwei Sitze im Zentralausschuss, fünf Jahre später legte die AUF um sechs Prozentpunkte zu. Aktuell gibt es drei Vertreter im bundesweit tätigen Zentralausschuss.

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