Foltervorwürfe in Militärakademie: Fähnriche nehmen erstmals Stellung

Foltervorwürfe in Militärakademie: Fähnriche nehmen erstmals Stellung
Staatsanwalt ermittelt nach einer Übung in Wiener Neustadt. Mehr als 70 Offiziersanwärter relativieren nun die Vorwürfe.

Die Anschuldigungen waren schwerwiegend. Neun Monate nach einer Gefechtsübung der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt sind schwere Vorwürfe im Zuge der Ausbildung aufgetaucht. Über die Whistleblower-Seite der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ist eine anonyme Sachverhaltsdarstellung eingelangt, in der von Foltervorwürfen, Nötigung und menschenunwürdigen Verhaltens die Rede ist. Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt ermittelt in dem Fall gegen den Lehrgangsleiter.

Ein paar Tage später hat der betroffene Ausbildungs-Jahrgang „General Körner“ die Vorwürfe in einem gemeinsamen Schreiben relativiert. Mehr als 70 Fähnriche des Jahrganges haben eine gemeinsame Stellungnahme abgegeben und sich von den schweren Anschuldigungen deutlich distanziert.

„In Anbetracht der schwerwiegenden Vorwürfe, welche momentan in der Öffentlichkeit an die Ausbildung an der Theresianischen Militärakademie gemacht wurden, möchten sich 71 Fähnriche des betroffenen Jahrganges klar und deutlich von den Anschuldigungen distanzieren“, heißt es in der Stellungnahme, die dem KURIER vorliegt.

Zurzeit versehen 55 von 83 Fähnrichen ihren Dienst an der Militärakademie in Wiener Neustadt, die restlichen 28 Offiziersanwärter absolvieren gerade ihr Auslandssemester. „Der Ausbildungsinhalt war kein einfacher. Immerhin ging es um eines der schwierigsten Szenarien, welches einem Soldaten im Einsatz widerfahren kann: die Kriegsgefangenschaft. Dass diese Ausbildung absolut notwendig ist, zeigt nicht zuletzt die Geschichte eines Offiziers an unserer Akademie. Dieser hat das am eigenen Leib erfahren müssen, als er im Zuge eines Auslandseinsatzes in Gefangenschaft geriet“, so die angehenden Offiziere.

Überraschung

Die Vorwürfe von Folter, Nötigung, Freiheitsentzug und anderen Straftaten während der Ausbildung seien genauso eine Überraschung gewesen, wie für den Rest Österreichs, heißt es in der Stellungnahme.  „Wir können nicht nachvollziehen, wie es zu derartigen Vorwürfen kommen kann und sind uns einig, dass es sich sicher nicht so zugetragen hat, wie es in den Medien dargestellt wird“, erklärt der Jahrgang.

"War nie menschenunwürdig"

Die Fähnriche sind sich sicher, dass die Anschuldigungen die Sichtweise "einer einzelnen Person oder einen kleinen Personengruppe darstellen". „Es deckt sich nicht mit dem, was wir erlebt und empfunden haben“, heißt es in dem Brief. Die Fähnriche wollen sich klar von den Vorwürfen distanzieren. „Die Ausbildung wurde professionell von spezialisiertem und geschultem Personal durchgeführt, sodass das schwierige Ausbildungsthema Kriegsgefangenschaft realitätsnahe, aber niemals rechtswidrig oder gar menschenunwürdig dargestellt wurde. Im Gegensatz zur Realität hatte man jederzeit die Möglichkeit mit einem Arzt zu sprechen oder auszusteigen. Es war durchgehend klar, dass es sich um eine Übung handelt“, erklären die Soldaten in der Stellungnahme.

Foltervorwürfe in Militärakademie: Fähnriche nehmen erstmals Stellung

Die geübte Gefangennahme sei regelmäßig unterbrochen worden, um die Situationen nachzubesprechen. „Außerdem gab es zwei ungestörte Schlafphasen, um zu regenerieren“, so die Soldaten.

"Meilenstein"

Die Ausbildung, welche sonst nur Militärpiloten und Spezialeinsatzkräfte erhalten, sei ein „Meilenstein“ ihrer Offiziersausbildung gewesen. „Wir haben einen Beruf gewählt, der uns fordert. Für uns steht fest: Die gesamte Ausbildung dient der Erfüllung von Aufgaben im Einsatzfall. Wenn wir das nicht leisten können, werden wir im Ernstfall nicht diejenigen schützen können, denen wir verpflichtet sind“, erklären die Soldaten.

Wie es in der Stellungnahme heißt, habe sie diese „Übung zu besseren Offizieren gemacht.“ Die falschen Vorwürfe werden sich im Zuge der Ermittlungen auflösen und wir sind jederzeit bereit, über diesen Ausbildungsteil Zeugnis abzulegen, lautet die Stellungnahme.

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