Am Freitag wurde der Aufschrei Bablers beantwortet. Man habe die Belagsentwicklung genau im Auge, aber die zur Verfügung stehenden Kapazitäten seien „aufgrund der zurückgegangenen Anzahl an Übernahmen durch die Bundesländer“ derzeit einer besonderen Belastung ausgesetzt.
Wie die Erfüllung der vereinbarten Quote zur Übernahme von Flüchtlingen durch die einzelnen Länder aktuell aussieht, wollte das Innenministerium auch auf Nachfrage nicht beantworten. Allerdings klingt immer wieder durch, dass es in den Ländern große Bereitschaft für die Übernahme von Vertriebenen aus der Ukraine geben, nicht jedoch für die Asylwerber, die derzeit aus anderen Ländern – hauptsächlich Afghanistan und Syrien – ins Land kommen. Insgesamt gibt es in Österreich
26 Bundesbetreuungseinrichtungen, außer in Vorarlberg zumindest eines in jedem Bundesland.
Laut Innenministerium kommt der Großteil der Menschen derzeit auf dem Landweg von Serbien und Rumänien über Ungarn an die österreichische Ostgrenze. Tendenzen einer Verlagerung in Richtung slowakischer Grenze seien merkbar. „Die meisten Aufgriffe fanden bis dato an der ungarisch-österreichischen Grenze in den Bezirken Neusiedl und Oberpullendorf statt“, zieht das Innenministerium Bilanz. 356 Personen wurden an der Grenze direkt zurückgewiesen.
Wurden im Vorjahr insgesamt 39.930 Asylanträge verzeichnet, sind von Jänner bis Mai dieses Jahres bereits 21.810 Anträge gezählt worden. „Dramatischen Zahlen“, meint Innenminister Gerhard Karner.
Deshalb gab es zuletzt verstärkte Aktionen, vor allem gegen das Schlepperwesen. Zuletzt in der Nacht auf Freitag, in einer gemeinsamen Aktion der österreichischen und ungarischen Polizei sowie des Bundesheeres.
Schon eine halbe Stunde nach Beginn sei dabei ein ukrainischer Schlepper mit vier Flüchtlingen in Janossomorja gefasst worden, wenig später ein polnischer Schlepper mit 13 Migranten. In Fertöszentmiklos gingen zwei mazedonische Schlepper den Polizisten ins Netz, später noch ein Rumäne in Nickelsdorf mit acht Afghanen im Fahrzeug. Insgesamt wurden in dieser einen Nacht sieben Schlepper festgenommen und knapp 100 Flüchtlinge aufgegriffen. Heuer wurden insgesamt 279 Schlepper gefasst, 14.747 Menschen wurden dabei illegal über die Grenze nach Österreich gebracht.
Diese Schwerpunkteinsätze an der ungarischen Grenze sollen konsequent fortgesetzt werden, darüber hinaus werden 50 österreichische Polizisten ab Ende Juli an der ungarisch-serbischen Grenze eingesetzt.
„Das beunruhigt die Bevölkerung“
Für die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden entlang der Grenze ist die Situation nicht einfach. In Nickelsdorf vergeht kein Tag ohne neue Flüchtlingsankünfte. Die täglichen Aufgriffzahlen in der Gemeinde schwanken zwischen 150 und 500. „Das größte Problem für die Exekutive ist die fehlende Planbarkeit“, konstatiert SPÖ-Ortschef Gerhard Zapfl dem System.
Schließlich könnten pro Tag nur 100 Flüchtlinge erkennungsdienstlich behandelt werden. Kritik wird vor allem an der Zusammenarbeit mit Ungarn laut. „Wenn man davon spricht, dass das gut läuft, dann frage ich mich, wie das alles sein kann. Österreich erfasst all diese Personen, während Ungarn wenig macht. Das bedeutet aber, dass, wenn zum Beispiel einer dieser Flüchtlinge in Dänemark ohne Asylberechtigung ausgewiesen wird, er zurück nach Österreich geschickt wird – und nicht nach Ungarn oder in ein anderes Land“, sagt der Bürgermeister von Nickelsdorf.
Sein Amts- und Parteikollege aus Deutsch Jahrndorf, Gerhard Bachmann (SPÖ), sieht aufgrund der fremdenpolizeilichen Tätigkeit der Polizei Auswirkungen auf die eigentliche Arbeit: „Die Polizei ist in den Gemeinden zu wenig vor Ort.“ Er fordert, dass kleinere Grenzübergänge geschlossen werden können, ähnlich wie in Tirol.
Anders als seine Amtskollegen im Norden erlebt der ÖVP-Bürgermeister der mittelburgenländischen Grenzgemeinde Deutschkreutz, Andreas Kacsits, die Situation. „Die Zusammenarbeit der Behörden funktioniert hervorragend“, sagt Kacsits. Bundesheer und Polizei seien „Tag und Nacht mit modernsten Geräten im Einsatz, um die Flüchtlinge rasch zu identifizieren“ und in ihre Quartiere zu bringen. Auch Hubschrauber und Drohnen kreisen über der Gemeinde.
Einige der Migranten würden sich nach ihrer Flucht im Ort aufhalten. „Das ist unbefriedigend, wenn die Leute mehrere Stunden im Zentrum sitzen und warten. Das beunruhigt die Bevölkerung.“ Im Gespräch mit Polizei und Bundesheer sei ihm dieser Tage zugesichert worden, „die Abwicklungen rascher durchzuführen“.
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