Variante auf Überholspur
Aber was am Freitag bei den Gesprächen auch mit den Experten jedenfalls zur Sprache kommen wird, hat das Potenzial, die Hoffnungen auf rasche Öffnungen in Tirol ins Wanken zu bringen: das Mutationsgeschehen.
Wie berichtet, wurde dort vor einem Monat eine Weiterentwicklung der britischen Variante (B.1.1.7) um den Zusatz E484K festgestellt. Und sie ist, wie Tirols Corona-Einsatzleiter Elmar Rizzoli im KURIER erklärt hat, bereits gleich auf mit der klassischen Variante und dabei, „ihr den Rang abzulaufen“.
Das ist insofern problematisch als B.1.1.7 mit E484K-Zusatz als „Fluchtmutation“ gilt. Das heißt, dass sie den Impfschutz unterlaufen und die Wirksamkeit der Vakzine reduzieren könnte. Zudem steht diese Kombination im Verdacht, noch ansteckender zu sein und schwerere Krankheitsverläufe verursachen zu können, als das bei der britischen Variante der Fall ist.
Darauf wird auch in einem Situationsbericht der AGES zu Tirol von vergangener Woche hingewiesen, an dem auch Rizzoli mitgearbeitet hat.
Nachdem das Bundesland im Februar unmittelbar vor den ersten Öffnungsschritten mit der südafrikanischen Variante zu kämpfen hatte, ist es nun erneut eine Mutation, die zu Debatten über die Eindämmung führen könnte.
Vergebliche Mühe
„Das Land Tirol hat alles getan, was sie können. Trotzdem nimmt diese Variante zu“, sagt Ulrich Elling vom Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der ÖAW zum KURIER. Er ist so etwas wie einer der Mutationsjäger Österreichs, sequenziert an seinem Institut jede Woche 2.300 PCR-Proben.
Für ihn steht fest: „Tirol kommt um einen Lockdown nicht herum.“ Dort habe man die südafrikanische Variante mit dem Impfriegel im Bezirk Schwaz, lokalen Maßnahmen und Massentests zwar sehr gut in den Griff bekommen. „Aber das Rezept funktioniert jetzt nicht mehr“, sagt Elling.
Was bei der südafrikanischen Variante noch ein regionales Phänomen war, hat sich im Falle der neuen Fluchtmutation bereits in allen Bezirken des Landes festgesetzt. Und waren zuletzt noch kleine Ortschaften Corona-Hotspots, sind es inzwischen Ballungsräume. Außerhalb Tirols spielt die Mutation hingegen noch keine große Rolle.
Laut Landeshauptmann Platter wurde das Thema am Mittwoch intensiv mit den eigenen Experten diskutiert. „Es ergibt sich ganz eindeutig, dass diese Mutation ähnliche Auswirkungen wie die britische Variante hat“, sagt er.
Was die Ausblicke für den Tourismus betrifft, wird freilich auch entscheidend sein, wie Deutschland – der große Kernmarkt – die Virusvariante bewertet. Der Nachbar hat Tirol schon einmal zum Mutationsgebiet erklärt und seine Grenzen dichtgemacht.
Platter entwarnt
Die Öffnungsschritte sieht Platter nicht in Gefahr. Er setzt weiter auf die Strategie, bei hohen Indzidenzzahlen mit lokalen Lösungen zu arbeiten, um so das Infektionsgeschehen zu bremsen. Die Lage auf den Intensivstationen bewertet er noch nicht als besorgniserregend, auch wenn die Zahlen zuletzt gestiegen sind.
Doch was ist mit der Gefahr, dass die Fluchtmutation den Impfschutz senken könnte? „Das kann niemand genau sagen. Das hat es auch bei der südafrikanischen Variante geheißen“, so Platter.
Die gegen diese Mutation eingesetzte Massenimpfung im Bezirk Schwaz hat die Infektionszahlen dort letztilch massiv nach unten gedrückt. Aber auch hier gibt es wieder einen leichten Anstieg, der im Auge zu behalten ist.
Kommentare