Die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst, kurz DSN, sammelt seit Monaten in einschlägigen Foren jede Menge Drohungen und Material, das die übliche Dimension übersteigt. Ob Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) oder Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). Wenn gefährdete Vertreter des offiziellen Österreich auf Schritt und Tritt begleitet werden müssen, kommt Wolfgang Schwaiger ins Spiel.
Wichtigste Regel: Diskretion
Der 49-jährige Steirer leitet seit Jänner 2023 das Personenschutzreferat der Antiterroreinheit. Der Oberstleutnant weiß haargenau, was einen guten Leibwächter ausmacht. "Man taucht sehr stark in das Privatleben der geschützten Person ein. Deshalb sind gewisse Voraussetzungen das Um und Auf", sagt Schwaiger. An oberster Stelle steht Diskretion und Loyalität, wer seinem Gegenüber keine Empathie entgegenbringen kann, sei fehl am Platz.
Die nötigen Fertigkeiten wie die spezielle Einsatztaktik, den Nahkampf, das Verhalten in Hochstresssituationen, Präzisionsschießen oder Spezialfahrtechnik für eine rasche Flucht lernen die Beamten ab der Grundausbildung. Sie sollten in Fleisch und Blut übergehen.
Ein ganz wesentlicher Bestandteil für den Personenschutz ist das Wahrnehmungstraining, erklärt Schwaiger. Wie das Beispiel des Attentats in der Slowakei zeigt, ist das Bad in der Menge eine Hochrisikosituation und die größte Herausforderung für einen Leibwächter.
Es ist wichtig, dass die Beamten nicht nur die Schutzperson im Fokus haben, sondern auch die Umgebung "scannen" und die Masse beobachten.
Sonnenbrille und Ohrenstöpsel? - Klischee
"Man braucht ein gutes Gefahrenradar und Menschenkenntnis, um das Gegenüber richtig einschätzen zu können", erklärt Schwaiger. Deshalb sei Personenschutz auch kein Alleingang, sondern Teamarbeit, bei der jeder seine Rolle hat.
Das klischeehafte Bild vom durchtrainierten Hünen mit dunkler Sonnenbrille, Anzug, Krawatte und Ohrenstöpsel sei nur das, was die Öffentlichkeit sieht. "Es braucht auch Beamte, die auf der Straße unerkannt bleiben", sagt Schwaiger. Die viele Arbeit der Beamten bleibt der Öffentlichkeit verborgen.
Jeder Schutzauftrag beginnt schon viel früher mit einer Art Risikoanalyse. Anhand des Terminkalenders der zu schützenden Person werden öffentliche Auftritte, Lokalbesuche, Hotelaufenthalte oder die genauen Fahrstrecken schon im Vorfeld geplant und anhand von Weg-Zeit-Diagrammen erstellt.
Das Worst-Case-Szenario für seriöse Leibwächter tritt dann ein, wenn der ausgetüftelten Plan spontan über Bord geworfen wird.
Wann die Scharfschützen zum Einsatz kommen
In besonderen Situationen, beispielsweise wenn sich Staatsgäste angesagt haben, wird im Hintergrund auch auf zahlreiche taktische Hilfsmittel zurückgegriffen. Dazu zählen Observationsmaßnahmen, Objektschutz mit Sprengstoff-Spürhunden, Scharfschützen die auf Dächern positioniert sind, oder Luftaufklärung mit Drohnen.
Vor jeder Auslandsreise müssen auch der Papierkram und die behördlichen Formalitäten erledigt werden. Bei gefährlichen Reisen in Krisenregionen, erklärt Schwaiger, erfährt das Cobra-Team Unterstützung aus dem sogenannten "Mission Control Center" (MCC) in der Heimat. Mithilfe von GPS und anderen technischen Hilfsmitteln wird jeder Schritt der Delegation aus dem MCC überwacht. Die Zusammenarbeit mit den ausländischen Sondereinheiten und Personenschutz-Teams funktioniere aus einem Grund besonders gut.
Weshalb Konvois gleich aussehen
Im Rahmen des ATLAS-Verbundes der europäischen Polizei-Sondereinheiten wurden genaue Richtlinien und Standards festgelegt und der Personenschutz – beispielsweise bei Staatsbesuchen – vereinheitlicht. "Das beginnt damit, dass die Konvois immer gleich aussehen und auch die Einsatztaktik unter den Ländern abgeglichen wird", so der Oberstleutnant.
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