"Fahrverbot" für hunderte Züge?
In den Jahren 2017 und 2018 gab es in Österreichs Schienennetz eine Serie schwerer Unfälle, die auch Tote forderte. Darunter fiel ein vergleichsweise harmloser Unfall in Wien, bei dem eine Schnellbahn und ein Güterzug kollidiert sind. Es gab keine Verletzten, der Sachschaden beträgt nur rund 300.000 Euro, aber die Folgen könnten nun enorm sein. Hunderte Züge und Lokomotiven könnten ab Jahresende nicht nur sprichwörtlich auf dem Abstellgleis stehen.
Denn das Verkehrsministerium hat vor wenigen Tagen den Abschlussbericht zu dem Unfall veröffentlicht. Darin sind auch stets Sicherheitsempfehlungen zu finden, die allerdings umgesetzt werden müssen. Eine davon lautet: “Spätestens ab 1. Jänner 2022 dürfen Zugfahrten nicht mehr zugelassen werden, deren führende Fahrzeuge zumindest mit der Funktionalität einer PZB 90 ausgestattet sind.“ PZB 90 ist ein Zugsicherungssystem, das Zusammenstöße verhindert. Der nachträgliche Einbau ist gar nicht so leicht und kostet meist eine sehr hohe fünfstellige Summe, dazu müssen Genehmigungen eingeholt werden.
Allein bei den ÖBB könnten bis zu einhundertfünfzig Lokomotiven und Züge davon betroffen sein. Aber auch Fahrten mit alten Zügen wie Dampflokomotiven könnten damit der Vergangenheit angehören. Dazu kommen weitere Züge von anderen Bahnunternehmen. Nicht bei allen wird ein Umbau wirklich rentabel sein.
“Unsere Züge waren stets auf dem Niveau der vorgeschriebenen Sicherheitstechnik“, betont ÖBB-Sprecher Daniel Pinka.
Das Verkehrsministerium rügt aber im Bericht dennoch, dass seit Jahren auf eine Aufrüstung gedrängt wird, aber zu wenig passiert ist. So seien etwa zum Unfallzeitpunkt noch acht weitere Schnellbahngarnituren der alten Serie unterwegs gewesen, die ebenfalls kein PZB 90 eingebaut hatten. Diese wurden erst vor einigen Wochen aus dem Verkehr gezogen als der Entwurfsbericht den Beteiligten bereits vorgelegen ist.
Aus Verkehr gezogen
Bei den ÖBB wird betont, dass nun keine Schnellbahn mehr ohne dem Sicherheitssystem unterwegs ist. Man habe in den vergangenen Jahren freiwillig viele Schienenfahrzeuge von PCB 60 auf 90 hochgerüstet. Deshalb seien auch nicht alle hundertfünfzig der alten Lokomotiven davon betroffen, sondern weniger.
Die Sicherheitsempfehlung des Verkehrsministeriums (bzw. dessen Untersuchungsstelle SUB) kann die Bahnunternehmen aber auch zivilrechtlich unter Druck bringen, denn bei einem Unfall könnten klagen drohen. Bei den ÖBB ist man hingegen der Meinung, dass diese Empfehlung nicht überall umgesetzt werden muss.
Haltesignal überfahren
Ursache für den Unfall in Süßenbrunn war jedenfalls, dass ein Haltesignal von der Schnellbahn überfahren worden ist. Mit dem Zugsicherungssystem PZB 90 hätte es eine automatische Bremsung gegeben, aber dieses war eben nicht eingebaut.
Tatsächlich ist es so, dass im Jahre 2021 nur das Sicherungssystem aus den 60er-Jahren vorgeschrieben ist, aber nicht jenes aus den 90ern.
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Magnete
Bei den Schienen sind drei verschiedene Magnete versteckt (mit 500, 1000, 2000 Hz), die Auswirkungen auf die eingebauten Sicherung Systeme haben.
PZB
Die punktförmige Zugbeeinflussung (PZB) reagiert bei den einzelnen Magneten unterschiedlich. Bei überfahren eines 500 Hz Magneten darf bei PZB 60 die Geschwindigkeit 65 km/h nicht übersteigen, sonst erfolgt eine Zwangsbremsung. Bei dem dreißig Jahre später weiterentwickelten PZB 90 wird darüber hinaus gemessen, ob. 150 m später die Geschwindigkeit auf 45 km/h reduziert wurde. Reagiert der Lokführer nicalleht, wird automatisch ebenfalls zwangsgebremst.
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