Provokante Raser sind nicht zu stoppen
Erstmals seit 2010 ist die Zahl der Verkehrstoten in Europa wieder angestiegen. 25.700 Menschen ließen auf den Straßen ihr Leben. Das sind um 300 Tote mehr, als noch 2014 und entspricht zirka einem tödlichen Crash alle 20 Minuten. Überhöhtes Tempo ist laut Ellen Townsend vom European Transport Safety Council der "Killer Nummer eins". In Österreich passierten 26,3 Prozent der tödlichen Unfälle wegen überhöhter Geschwindigkeit, an 31,7 Prozent ist die Ablenkung durch das Handy schuld. Diese Fakten scheinen knapp 19.000 Fans einer Facebook-Initiative nicht zu interessieren. Die Seite "160 km/h auf Österreichs Autobahnen" animiert regelrecht zur Gesetzesübertretung.
Viele Benutzer posten auf dem Profil munter Smartphone-Bilder, die ihre Tachometer mit 160 km/h Geschwindigkeit auf der Autobahn zeigen. Der Sinn dahinter soll sein, Druck auf die Politik auszuüben: Man will nämlich das derzeitige Tempolimit von 130 Stundenkilometer kippen.
Verfolgungsjagd
Wer sich jetzt wundert, warum die Polizei keine Handhabe gegen diese offensichtlich verbotenen Aktivitäten hat, dem kann Dr. Armin Kaltenegger, vom Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV) auf die Sprünge helfen: "Die Behörden können das derzeit nur bestrafen, wenn sie die betreffende Person an Ort und Stelle anhalten".
Auf die geforderte Änderung der Anhalte-Pflicht im Sinne der Polizei, ging man trotz Kritik aber nicht ein. Sollten die Raser also nicht geblitzt werden, haben die Behörden nichts gegen sie in der Hand. Sieht die Polizei also einen Raser mit Handy am Steuer, müsste sie ihm nacheilen.
"Eine solche Verfolgung bedeutet aber eine enorme Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer", sagt Experte Kaltenegger. Das ist wohl auch den Betreibern des Facebook-Forums bewusst. Auf KURIER-Anfrage rechtfertigt man sich nur: "Da es sich um mündige Autofahrer handelt, die im Besitz eines Führerscheines und mit der Gesetzeslage vertraut sind, kann angenommen werden, dass bei der Anfertigung der Fotos keine Gesetzesübertretungen begangen werden". Ein solches Foto legal anzufertigen, ist in Österreich aber de facto unmöglich. Trotzdem posten Anhänger der Plattform regelmäßig Fotos von ihren Geschwindigkeitsübertretungen. Rund 60 Bilder wurden bisher von den Initiatoren anonym online gestellt, 80 Raser posteten die Fotos unter ihrem Namen.
Appell an Vernunft
Sollten die überzeugten Schnellfahrer auf ihrem wilden Ritt einen Unfall verursachen, dann kann das nicht nur teuer werden. Bei grober Fahrlässigkeit und Verletzungen droht Haft.
Ein abschreckendes Beispiel ereignete sich im Sommer 2014: Eine 19-jährige Niederösterreicherin fotografierte während der Fahrt und übersah einen 64-jährigen Radrennfahrer. Der Familienvater starb noch an der Unfallstelle.
Verkehrssicherheitsexperte Kaltenegger, appelliert anhand dieses Beispiels an die Vernunft: "Leichtsinn hat zu diesem Unfall geführt, der ein Leben zerstört hat. Jeder sollte überlegen, was das für Konsequenzen hat, wenn ihm so etwas passiert."
Ob und wann die Initiatoren der Facebook-Seite, die noch anonym bleiben wollen, mit ihren Forderungen an die Politik herantreten, ist übrigens nicht bekannt.
Die ersten toten Biker heuer forderte am Donnerstagabend ein Motorradunfall in der Mühlviertler Kurstadt Bad Leonfelden.
Vor einem Kreisverkehr auf der B 126 kamen ein 39-jähriger Einheimischer und seine gleichaltrige Lebensgefährtin ums Leben. Das Unglück ereignete sich kurz vor 17.30 Uhr.
Stanislav H. und seine Freundin Nadja N. waren mit einer 143 PS starken Kawasaki auf der Leonfeldner Straße unterwegs. Rund 50 Meter vor dem Kreisverkehr soll H. ein Auto überholt haben. Aus ungeklärter Ursache stürzte er mit dem Bike. Das Motorrad schlitterte die Fahrbahn entlang und flog über den Kreisverkehr. Der Lenker und dessen am Sozius mitfahrende Freundin prallten gegen die Randsteine der Verkehrsinsel. Rettung und Notarzt konnten dem tödlich verletzten Paar nicht mehr helfen.
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