Extremismus: Tschetschenen sind am empfänglichsten

Das Geschehen in Moscheen und religiösen Zentren soll in NÖ verstärkt beobachtet werden
Was macht Menschen zu Extremisten? Und wie anfällig sind Menschen aus migrantischen Communitys dafür?
Diesen Fragen gingen die Wissenschafter Peter R. Neumann, Nicolas Stockhammer, Heiko Heinisch und Nina Scholz für die Studie „Lagebild Extremismus und Migration“ nach. Sie forschten in Communitys mit Menschen, die aus der Türkei, dem Westbalkan, dem arabischen Raum und aus Tschetschenien stammen. Auftraggeber waren das Bundeskanzleramt und das Innenministerium.
Freilich findet sich auch in der Studie keine allgemeingültige Formel, was Menschen anfällig für Extremismus macht. Dennoch benennen die Autoren einige Risikofaktoren: etwa Frust, Krisen, fehlende Integration und Ausgrenzung. Verbreitet werden extremistische Ideen etwa in Büchern, auf Flugblättern, und natürlich auch im Internet.
Junge schlossen sich dem IS an
Als vergleichsweise hoch wird das Radikalisierungspotenzial in der tschetschenischen Community eingeschätzt. Das Leben sei geprägt von patriarchalen Strukturen, einem starren Ehrbegriff, Arbeitslosigkeit und fehlenden Perspektiven. Die Zahl der Jugendlichen, die sich dem IS angeschlossen haben, sei etwa „außergewöhnlich hoch“. Bei ihnen sei die IS-Propaganda in Form einer „Mischung aus Religion, Mixed Martial Arts, Uniformen und Waffen“ gut angekommen: Sie wurde als gewaltsamer Extremismus mit „zeitgemäßem Antlitz“ präsentiert. Ebenso, fügen die Autoren aber hinzu, gebe es in der Community bereits Sozialprojekte, um kriminellen „Karrieren“ von Jugendlichen entgegenzuwirken.
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Konflikte im Ausland
In der arabischen Community sei das Radikalisierungspotenzial „erheblich“: Das hänge auch mit der hohen Zahl junger, sozio-ökonomisch schlecht integrierter Männer zusammen. Ebenso spiele der Einfluss ausländischer Konflikte eine Rolle. Viel hänge davon ab, wie die Integration der Menschen aus Syrien und dem Irak gelinge.
Thema in der türkischen Community war islamistisches und nationalistisches Gedankengut: Dies richtete sich aber weniger gegen Österreicher, sondern eher nach „innen“, etwa gegen Kurden.
Gute Integration
Bei Menschen mit bosnischen und albanischen Wurzeln wiederum konnten sich extremistische Strömungen schlecht durchsetzen. Die Mehrheit lebe gut in Österreich integriert.
Extremismus sei natürlich „nicht nur ein Problem von Migranten“, betonte Extremismusforscher Neumann. Aber es sei in den Communitys „anders gelagert“, „nicht zuletzt, weil Einflüsse aus dem Ausland kommen“. Die Studie sei „keine Stigmatisierung, im Gegenteil“: Sie helfe, „ein differenziertes Bild zu bekommen und Vorurteile abzubauen“ – und sei ein Aufruf, sich noch mehr mit Integration zu befassen.
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