Ex-Chefin der Josefstadt: "Eine gefängnislose Gesellschaft wäre schön"

Rund 1.000 Insassen verbüßen in der Josefstadt ihre Strafen
Zwölf Jahre lang leitete Helene Pigl die größte Justizanstalt Österreichs. Dem KURIER erklärt die nunmehrige Pensionistin, warum man Häftlinge gut behandeln sollte – und Strafe trotzdem sein muss.

Helene Pigl mag Kontraste. Sie gab einst einen Luxusjob auf, um hinter schweren, verschlossenen Türen zu arbeiten. Zwölf Jahre lang war sie Leiterin der Justizanstalt Wien-Josefstadt.

Jetzt hat sie statt Gittern die Hauptstadt vor Augen. Die 63-Jährige sitzt in ihrem liebevoll angelegten Garten am Rand von Wien. Am Tisch stehen Kaffee und Grießflammerie. Ihre beiden Katzen streifen durch das Gras.

Seit 1. Mai ist die studierte Soziologin in Pension, engagiert sich aber noch ehrenamtlich in der Telefonseelsorge. Denn wenn sie etwas kann, dann Krisen bewältigen, sagt sie.

Der KURIER traf sie zum Abschiedsinterview. Mit Sicherheitsabstand.

KURIER: Als Sie die Josefstadt 2007 übernahmen, war Wirtschaftskrise. Jetzt, wo Sie gehen, ist Corona-Krise ...

Helene Pigl: Im Strafvollzug ist man an Krisen gewöhnt. Man ist täglich mit der Bewältigung neuer Probleme befasst.

Welche Probleme sind das?

Der Bau ist 35 Jahre alt und sehr abgewohnt. Die Räume entsprechen nicht dem modernen Strafvollzug. Die Technik ist ebenso veraltet. Wir konnten die Leute zeitweise nur ein- oder zweimal in der Woche duschen lassen.

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