ESA-Chef Aschbacher: Drei Europäer werden zum Mond fliegen
Zwölf männliche, weiße US-Astronauten standen zwischen 1969 und 1972 auf dem Mond. Doch dieses monotone Bild wird sich ändern, erstmals soll noch in diesem Jahrzehnt eine Frau die Oberfläche betreten, ebenso eine Person mit nichtweißer Haut. Und nun gelang dem Tiroler ESA-Chef Josef Aschbacher ein Coups: "Bei Artemis 4 und 5 wird ein Europäer an Bord sein und bei einer weiteren Mission, die von der NASA noch bestimmt wird", verriet Aschbacher im KURIER-Interview im Parlament.
Mondspaziergang für Kärtnerin möglich
Wann wird also der erste Europäer die Mondoberfläche betreten? "Das werde ich sehr oft gefragt ", sagt der ESA-Direktor und lacht. Das hänge nun aber von der NASA, deren Zeitplan und der jeweiligen Zusammensetzung der Besatzung ab. Noch seien nicht einmal die Namen der Astronauten fixiert. Vermutlich gehen das oder die Lande-Tickets eher an die großen ESA-Nationen wie Deutschland oder Frankreich, die zusammen rund 40 Prozent des ESA-Budgets zahlen. Die Kärntner Astronautin Carmen Possnig hat aber zumindest Außenseiterchancen.
"Österreich ist ein gutes und engagiertes Mitglied der ESA. Um hier an der wissenschaftlichen Entwicklung teilhaben zu können, müsste es aber schon engagierter sein", sagt Aschbacher. Aktuell zahlt Österreich rund 70 Millionen Euro pro Jahr an die europäische Weltraumagentur, etwa ein Viertel von Belgien.
Auch Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) forderte diese Woche mehr Engagement Europas für die Raumfahrt ein. Laut Aschbacher zahlt jeder Europäer 14 Euro pro Jahr für Weltraumaktivitäten, Österreicher sogar nur 8,50 Euro.
Zum Vergleich: Europa hat ein jährliches Weltraumbudget von sieben Milliarden Euro. Die NASA hat 25 Milliarden und vermutlich noch einmal so viel Geld für militärische All-Projekte plus weitere Milliarden-Investitionen von Jeff Bezos und Elon Musk. Allein der Bau und Betrieb der SLS-Mondrakete für die Artemis-Missionen kostet der NASA bis 2026 voraussichtlich ein komplettes Jahresbudget.
Dass zuletzt kolportiert wurde, dass die ESA an die NASA eine Milliarde Euro für einen Flug zum Mond inklusive Landung bezahlen muss, kostet den Österreicher aber nur einen weiteren Lacher. Tatsächlich wird in "Naturalien" bezahlt: "Die ESA liefert etwa wichtige Teile für das Lunar-Gateway." Dieses ist eine Art fliegende Mondstation, die ab Artemis 4 auch zum Umstieg von den SLS- auf die benötigten Landeraketen von Musk und Bezos dienen soll.
Artemis-Zeitplan noch unklar
Da die Kosten explodieren, Musks Rakete schwerste Triebwerksprobleme hat und Bezos Rakete erst entwickelt wird, dürfte der Zeitplan noch gehörig durcheinander gewirbelt werden. Dass China am Ende die Nase vorne haben könnte, wie manche Weltraumfans bereits befürchten, stellt Aschbacher in Abrede: "Die USA landen 2025 oder 2026. Die Chinesen 2030." Beim anschließenden Bau permanenter Mondstationen würde es Überlappungen geben, aber auch hier werde der Westen schneller sein, ist sich der ESA-Chef sicher.
Doch die Problem-Liste der Europäer ist kaum weniger lang. Wegen Schwierigkeiten mit Ariane 6 hat die ESA aktuell keine einsatzfähige Rakete. Außerdem wollte man einen Bohrer auf den Mond und einen Rover auf den Mars bringen. Doch die ESA setzte alle Karten auf russische Raketen, eine Zusammenarbeit mit Roskosmos ist allerdings wegen des Überfalls auf die Ukraine mittlerweile unmöglich geworden, wie Aschbacher betont.
ESA-Mondlandung erst 2030
Europa musste zuletzt sogar zusehen, wie Indien mit einem Budget von unter 100 Millionen Euro eine Sonde und einen Rover auf dem Erdtrabanten erfolgreich landete. Japan unternimmt bald einen weiteren Versuch, heuer wollen sogar noch US-Privatfirmen sanft aufsetzen. Selbst Israel und die Arabischen Emirate planen Landungen in den kommenden zwei, drei Jahren.
Europa ist hier momentan weit im Hintertreffen, aber die ESA möchte - wenn auch mit ziemlicher Verspätung - doch noch liefern: "Wir haben hier Programme wie zum Beispiel Argonaut. Die erste Mission soll 2030 fliegen und bis zu 1,5 Tonnen Material auf den Mond bringen. Oder das Projekt Moonlight, das ist eine Kombination aus Navigation und Telekommunikation. Hier ist Europa aber auch andere engagiert, um ein System wie auf der Erde aufzubauen."
Und was wird aus der eigentlich bereits fertiggestellten Mission ExoMars, bei der (ursprünglich mit Russland) eine Sonde und ein Rover auf den Nachbarplaneten geliefert werden sollte?
Aschbacher: "Das wird nun eine rein europäische Mission, die 2026 mit einer amerikanischen Rakete starten soll."
Kommentare