Keine Einzelfälle, wie Christina Wolf-Petre, Artenschutzexpertin des WWF, bedauert. Seit 23 Jahren dokumentieren WWF und Birdlife, wie viele geschützte Wildtiere illegal in Österreich getötet wurden: Aktuell stehe man bei mehr als 500 Fällen und 600 Tieren, schildert Wolf-Petre. 25 weitere Fälle seien derzeit in Bearbeitung und "können noch in diese Aufstellung dazu kommen".
Die Spitze des Eisbergs
Gut erfasst sind vor allem die Fälle rund um Greifvögel, die Dokumentation der getöteten Säugetiere befindet sich noch im Aufbau. Allerdings seien auch die bekannten Zahlen bloß "die Spitze des Eisbergs. Die Dunkelziffer illegal getöteter Tiere ist bedeutend höher", vermutet die Expertin.
➤ Wildtiere und Artenschutz: Warum das so wichtig ist
Aus Oberösterreich ist bekannt, dass in den vergangenen zehn Jahren nachweislich 26 geschützte Wildtiere getötet wurden. Das ergab die Beantwortung eine Anfrage an die zuständigen Mitglieder der Landesregierung. Die Tiere wurden "meistens durch Abschuss, vereinzelt auch durch Vergiftung getötet", ärgert sich Landtagsabgeordneter Rudi Hemetsberger (Grüne). "Das ist ein klarer Auftrag, die Bewusstseinsbildung für den Schutz gefährdeter Arten weiter auszubauen."
Kein Kavaliersdelikt
Eine Forderung, der WWF-Expertin Wolf-Petre sofort zustimmt. "Die Tötung eines geschützten Wildtieres ist kein Kavaliersdelikt." Zu diesen Tieren zählen Greifvögel wie Adler und Mäusebussarde, aber auch Säugetiere wie Luchs, Bär und Biber. Wer ein Wildtier tötet, macht sich strafbar: Bis zu zwei Jahre Haft stehen darauf; bei Jägern kann zudem der Entzug der Jagdkarte verhängt werden. Doch Gerichtsverfahren sind rar: Seit 2000 gab es in Österreich laut Wolf-Petre nur 14.
Das mochte auch mit dem zugrunde liegenden Paragrafen des Strafgesetzbuches zu tun haben: Zwar drohte bei Wildtierkriminalität Haft, doch bis vor Kurzem galt das nur bei speziellen Voraussetzungen. So war eine Anklage nicht möglich, wenn eine Tötung nur unerhebliche Auswirkungen auf Erhaltungszustand der Art haben könnte – sprich: Bei jedem Vorfall folgte eine Einzelfallprüfung samt Gutachter-Bestellung mit der Frage, ob ein einzelnes erlegtes Exemplar diesen Kriterien entspreche.
Im August 2022 wurde mit einem Erlass deutlich nachgeschärft, ein getötetes Tier reicht seither für die Strafverfolgung.
➤ Änderung: Strengere Verfolgung möglich
Giftköder, Fallen, Abschüsse – die Tötungsart ist je nach Tierart unterschiedlich. Doch jeder Abschuss oder jede Vergiftung bedrohe die Artenvielfalt und den Bestand, mahnt Wolf-Petre.
2010 etwa sei die heimische Population an Braunbären durch die illegale Jagd erloschen. Bären, die seither gesichtet wurden, kamen stets aus Italien.
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