Entrüstung über fehlende Kreuze im KH Nord
Wenn die Politik hierzulande über Kreuze im öffentlichen Raum diskutiert, sind die Schauplätze üblicherweise die Klassenzimmer des Landes. Nicht so diesmal: Am Dienstag schlugen die Wiener Spitäler in dieser Debatte auf. Konkret die Klinik Floridsdorf, besser bekannt als Krankenhaus Nord. Dort verzichtet man nämlich auf das Aufhängen von Kreuzen in den Krankenzimmern.
Was die Erzdiözese Wien bedauert, sehe man im Kreuz doch „nicht nur das Symbol des Christentums, sondern auch ein Zeichen dafür, dass aus Leid Heil entstehen kann und dass Krankheit und Tod nicht das letzte Wort haben“.
ÖVP und FPÖ setzen mit ihrer Kritik – dem anlaufenden Wahljahr angemessen – ungleich höher an. „Unverständlich“ ist das Vorgehen für den nicht amtsführenden türkisen Stadtrat Markus Wölbitsch. Sei das Kreuz doch nicht nur ein religiöses, sondern ein „geistes- und kulturgeschichtliches Symbol Europas“.
Die FPÖ erkennt in Person des nicht amtsführenden Vizebürgermeisters Dominik Nepp wiederum – im selben Wortlaut wie DAÖ-Klubobmann Karl Baron – eine „kulturelle Selbstaufgabe“ und kritisiert, SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig unterwerfe sich damit „endgültig dem Islam“. Keine Religion außer dem Islam fühle sich diskriminiert, wenn in öffentlichen Gebäuden Kreuze hängen, meint Baron.
Keine Beschwerden
Dem widerspricht Ümit Vural, der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ), allerdings vehement. „Wir haben überhaupt kein Problem mit Kreuzen“, betont er. Insbesondere das KH Nord habe zudem einen „sehr schönen Gebetsraum“.
Und auch beim zuständigen Krankenanstaltenverbund (KAV) kann man die Kritik nicht nachvollziehen. Beschwerden habe es keine gegeben, doch als öffentliches Spital versorge man eben alle Menschen, ungeachtet ihres Glaubens. Die Spitalleitung habe sich darum dazu entschieden, kein religiöses Symbol hervorzuheben. Jeder Patient könne aber seine religiösen Utensilien mitbringen und auch in den Zimmern aufstellen.
Spitäler
Laut dem Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) entscheidet die Führung jedes Spitals, ob Kreuze in den Krankenzimmern aufgehängt werden oder nicht.
Schulen
Hier ist die Lage eindeutig: In allen Pflichtschulklassen, in denen die Mehrzahl der Schüler einem christlichen Religionsbekenntnis angehört, ist ein Kreuz aufzuhängen.
Standesämter
In den Wiener Standesämtern hängen keine Kreuze, es gilt die überkonfessionelle, staatliche Trauung.
Zusätzlich gebe es drei Gebetsräume (christlich, jüdisch, muslimisch) und es stünden Seelsorger aller anerkannten Konfessionen bereit. Dennoch: „In erster Linie sind wir ein Spital und versuchen, die Menschen gesund zu pflegen. Aber natürlich nehmen wir auch auf die spirituellen Wünsche der Patienten Rücksicht“, sagt eine Sprecherin zum KURIER.
Fehl am Platz
Eytan Reif von der Initiative „Religion ist Privatsache“ freut sich hingegen über die fehlenden Kreuze. Es stehe der Republik ohnehin nicht zu, religiöse Symbole in ihren Einrichtungen anzubringen – insbesondere an Orten, an die sich Menschen in Notsituationen wenden. Kirche, ÖVP und FPÖ würden aber versuchen, das Kreuz von einem religiösen in ein politisches Symbol umzudeuten, kritisiert Reif.
Weniger erfreut als irritiert ist man wiederum im Bürgermeister-Büro. Es sei „mehr als verwunderlich“, dass die Aufregung von jenen Parteien komme, die am Sonntag Geschäfte aufsperren wollten oder den Karfreitag abgeschafft hätten. In Wien sei die Religionsfreiheit jedenfalls gewährleistet.
„Völlig überzogen“ findet die Debatte auch Neos-Landessprecher Christoph Wiederkehr: „Als ob wir keine anderen Probleme im Gesundheitsbereich hätten.“
In Niederösterreich muss man sich übrigens auch in Zukunft keine Sorgen um fehlende Kreuze machen. „Kreuze sind in den Krankenzimmern der Landes- und Universitätskliniken eine Selbstverständlichkeit - nicht zuletzt als österreichisches Kulturgut und fester Bestandteil Niederösterreichs Wertebasis“, sagt ÖVP-Landeshauptfraustellvertreter Stephan Pernkopf.
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