„Ich war die personifizierte Spaßbremse“, erinnert sich Tirols Verkehrslandesrätin
Ingrid Felipe (Grüne) an die Reaktionen, die ihr anfänglich wegen des Tempo-Limits entgegenschlugen. Die seien „recht derb und unhöflich“ gewesen. Was in den Debatten meist unterging: Schon vor der Einführung des permanenten Tempos 100 auf der Strecke zwischen Kufstein und Innsbruck und eines Teilstücks im Oberland sowie den ersten Kilometern der Brennerautobahn konnten Autofahrer in diesen Bereichen nur selten 130 fahren. Denn bei schlechten Luftwerten wurde hier automatisch der IG-L-Hunderter aktiviert. Und das war oft.
„Gerade zwischen Kufstein und Innsbruck ist das Verkehrsaufkommen auf der Inntalautobahn oft so hoch, dass man ohnehin nicht viel schneller fahren könnte“, gibt
Markus Widmann, Leiter der Tiroler Verkehrspolizei, zudem zu bedenken. Ein Punkt, den auch Bundeskanzler Sebastian Kurz am Samstag gegenüber dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder vorbrachte. Er forderte weniger Lkw in Tirol.
Ein beträchtlicher Teil der Autofahrer sah sich anfänglich dennoch in der persönlichen Freiheit eingeschränkt und beklagte die Zeitverluste durch den Hunderter. Ein Selbsttest am Tag eins des Tiroler 100er-Zeitalters im November 2014 zeigte aber bereits: Auf den 67 Kilometern von der Tiroler Landeshauptstadt bis zur deutschen Grenze etwa dauerte die Fahrt gerade einmal um sechs Minuten länger als mit den guten alten 130 km/h.
Und da sich am Starttag alle Verkehrsteilnehmer besonders geflissentlich an das Gebot hielten, konnte praktisch durchwegs der Tempomat das Ruder übernehmen. Der damit für einen passionierten Autofahrer verbundene Verlust an Fahrspaß wurde durch das entspannte Dahingleiten, das beinahe ans Bahnfahren herankam, ausgeglichen. Aber das klappt nur selten so perfekt. Eigentlich sollten sich die Lkw-Kolonnen mit 80 km/h auf der rechten Spur bewegen und der Pkw-Verkehr mit 100 km/h daran vorbeiziehen. Das schöne Spiel wird aber etwa durch zu schnell fahrende Drängler gestört, die Pkw-Fahrer auf die langsame Lkw-Spur und so zum Abbremsen zwingen.
Die ganz große Freude verbreitet der permanente Autobahn-Hunderter bis heute nicht. Das weiß auch Felipe. „Er ist gut geduldet. Und mehr als die Hälfte der Leute sagen inzwischen: Das passt schon“, sagt sie mit Verweis auf entsprechende Umfragen. Ob aus Akzeptanz oder nur aus Angst vor saftigen Strafen: „Der Hunderter wird sehr gut eingehalten“, sagt Tirols oberster Verkehrspolizist Widmann. Rund 100.000 Geschwindigkeitsdelikte habe es 2019 in der IG-L-Zone gegeben. „Das ist zwar eine hohe Zahl an Delikten. Aber gleichzeitig ist das nur ein kleiner Prozentsatz derer, die sich nicht an die Geschwindigkeit halten.“
Das lässt sich durch das hohe Verkehrsaufkommen in Tirol erklären. So wird etwa allein die
Brennerautobahn jährlich von über elf Millionen Pkw frequentiert, die sich an Stau-Tagen gegenseitig blockieren. Für deutsche Autofahrer, die über die Grenze ins Hunderter-Land kommen, mag sich das Limit dennoch wie ein Kulturschock anfühlen.
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