Ex-Politiker und Arzt: "Brauchen medizinische Einsatzgruppe für EU"
Wenn Peter Stachura über das vergangene Jahr spricht, dann bringt ihn bei all der Tragik und dem Leid eine Beobachtung zum Schmunzeln. „Wenn ich nach St. Pölten gekommen bin, dann hat mich niemand erkannt. In der Slowakei war das ganz anders.“
Denn dort waren immer wieder die Kameras auf ihn gerichtet.
Stachura hat in Zeiten von Corona zwei Leben geführt, die miteinander aber eng verbunden waren. Das eine spielte sich in der niederösterreichischen Landeshauptstadt ab, wo der 42-Jährige als Oberarzt am Universitätsklinikum St. Pölten tätig ist. Der Mediziner ist ein Spezialist im Bereich der Anästhesie, der Palliativversorgung und Intensivmedizin.
Die meiste Zeit verbrachte er aber in seinem Heimatland. Dort übte er bis April 2021 die Funktion des Staatssekretärs im Gesundheitsministerium aus. Deshalb sah er die Pandemie aus zwei Blickwinkeln: die des Politikers und die des Arztes, der um die Leben seiner Patienten kämpft.
Die zweite Welle
„Das war eine sehr stressige Zeit“, erinnert sich Stachura zurück. In der Slowakei sah er sich mit großen Aufgaben konfrontiert, die es rasch umzusetzen galt. „Es ging unter anderem darum, genügend Intensivbetten zu organisieren. Das Testen und die Impfungen waren ebenfalls große Projekte“, erzählt der Oberarzt, der in diesen Monaten die Arbeitszeit am Klinikum freilich stark reduzieren musste.
Während man in Niederösterreich zum Höhepunkt der Pandemie nie die maximale Bettenauslastung erreicht hatte, war die Situation in der Slowakei hingegen äußerst angespannt. „Die zweite Welle hat uns hart getroffen. Wir mussten um internationale Hilfe ansuchen, weil wir an unsere Kapazitätsgrenzen gelangt waren“, sagt Stachura.
Ärzteteams aus Dänemark, Belgien und Rumänien reisten deshalb in die Slowakei, um ihren Kollegen in der höchsten Not zur Seite zu stehen. Einige Patienten mussten wiederum ins Ausland gebracht werden, damit sie besser versorgt werden konnten. Der 42-Jährige hat aus diesen Erfahrungen am Höhepunkt der Pandemie seine Schlüsse gezogen. Deshalb treibt ihn nun eine Vision um, die aus seiner Sicht umgesetzt werden muss. Der Medizinier würde sich die Bildung einer schnellen Einsatzgruppe bestehend aus Ärzten wünschen, die in Krisenfällen EU-weit rasch vor Ort sein und aushelfen könnte. „In den meisten Krisenfällen sind ja nicht die fehlenden Betten das Problem, das lässt sich lösen. Es geht meistens um das fehlende Personal“, sagt der 42-Jährige im Gespräch mit dem KURIER.
Kräfte aus dem Ausland
Zumindest in der niederösterreichischen Landespolitik fällt dieser Vorschlag auf fruchtbaren Boden. „Gesundheit kennt keine Grenzen“, betont Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf, der auf die intensive Zusammenarbeit im Bereich der Gesundheitsversorgung mit Nachbarländern verweist. Dem Politiker und Konrad Kogler, Chef der NÖ Landesgesundheitsagentur, ist es wichtig darauf hinzuweisen, wie sehr auch österreichische Spitäler auf Arbeitskräfte aus dem Ausland angewiesen sind. In Niederösterreich, so Kogler, gibt es rund 460 Mitarbeiter, die aus dem Ausland kommen.
Ob Stachura wieder in die Politik zurückkehren möchte, lässt er derzeit allerdings noch offen. Eines steht für ihn nach dem vergangenen Jahr aber fest: „Die Expertise, die ich hier bekommen habe, hat mir bei meiner Arbeit in der Slowakei sehr geholfen.“
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