Ein Frühling ohne Maibäume

Maibaumkraxeln ist heuer genauso wie das Stehlen tabu
Gemeinden und Jugendorganisationen rufen zum Verzicht auf Mai-Bräuche und Feiern zum 1. Mai auf

Ein traditionelles Feiern des Osterfests war den österreichischen Familien heuer wegen der Corona-Bedrohung nicht vergönnt. Und schon stehen die nächsten harten Entbehrungen und Bewährungsproben ins Haus: Auch sehr beliebte Bräuche rund um den 1. Mai und die traditionellen Aufmärsche zum „Tag der Arbeit“ dürfen heuer nicht stattfinden.

Vor allem das Frühlingssymbol schlechthin, der Maibaum, der für Leben, Fruchtbarkeit und Aufbruchsstimmung steht, würde der Volksseele in der aktuellen Krisenzeit wohl guttun. Doch heuer wird er wohl in den meisten Ortszentren der Republik nicht zu bewundern sein. Das fast immer mit Festen verbundene Aufstellen der bekränzten und verzierten Bäume fällt dem Versammlungs- und Veranstaltungsverbot im Zuge der Corona-Maßnahmen zum Opfer.

Die Bürgermeister werden zudem dazu angehalten, dafür zu sorgen, dass es bei dem vor allem im ländlichen Raum sehr beliebten Brauch nicht zu Umgehungen kommt. In den Bundesländern werden entsprechende Direktiven ausgearbeitet oder wurden bereits verlautbart. So hat in Niederösterreich der Gemeindebund explizit empfohlen, „das Maibaumsetzen mit Teilnehmern“ zu unterlassen. Lediglich, wenn der Baum ohne Gäste und ausschließlich von Gemeindebediensteten oder einer Firma aufgestellt wird, soll der Brauch toleriert werden, zitiert Hannes Pressl, Vizepräsident des nö. Gemeindebunds, eine Benachrichtigung an die Bürgermeister. „Ich gehe davon aus, dass es in den anderen Bundesländern nicht viel anders gehandhabt wird“, sagt Pressl.

Verbot für Feuerwehren

Für Feuerwehren, die oft als Veranstalter von Maibaum-Feiern auftreten, gilt bereits seit März ein Veranstaltungs- und Maibaum-Verbot. Als größte Pfleger der Maibaum-Bräuche müssen aber die Organisationen der Landjugend vom Ausfall der geliebten Tradition überzeugt werden.

„Die Landjugend in der Steiermark hat bereits die allgemeine Absage aller Maibaum-Feste bekannt gegeben. In Niederösterreich wird man die Aufforderung des Gemeindebundes ebenfalls einhalten“, sagt Rebecca Gutkas, Geschäftsführerin der Landjugend Österreich.

Ein Frühling ohne Maibäume

Ortsgruppen der Landjugend müssen heuer auf ihre Maibaumfeste verzichten

Mit dem Thema sei man jedenfalls schon seit mehreren Wochen befasst, sagt sie. „Wir werden allen Landesverbänden kommunizieren, dass die Maibaum-Feste heuer nicht stattfinden sollen“, erläutert Gutkas.

Damit ist auch klar, dass es beliebte und auch gar nicht ungefährliche Bräuche – wie das Maibaumkraxeln oder das Stehlen oder Umsägen der mächtigen Zierbäume – heuer nicht geben wird. Geschweige denn, die in vielen Bundesländern gepflegten geselligen Tänze, wie den Bandltanz in Oberösterreich.

Keine Ausnahmen

Niederösterreichs Gemeindebund-Vize Hannes Pressl, selbst Bürgermeister der vom Coronavirus belasteten Gemeinde Ardagger, empfiehlt den Kollegen jedenfalls, rigoros vorzugehen: „Da geht’s nicht gegen die Brauchtumspflege, sondern um die Sicherheit.“ In manchen Gemeinden sei angefragt worden, ob nicht Kleinstgruppen ohne Teilnahme der Bevölkerung einen Baum aufstellen könnten. „Aber schon beim Vorbereiten des Maibaums und beim Binden der Kränze geht’s gesellig zu. Auf Sicherheitsabstände wird da rasch vergessen. Wir möchten das von vornherein unterbinden“, sagt Pressl.

Und: wo einmal ein Maibaum stehe, seien nach dem Brauchtum auch die Diebe nicht weit – schon ergeben sich die nächsten Infektionsgefahren durch das Coronavirus. Pressl glaubt, dass deshalb auch wenige Gemeinden oder Firmen von der Ausnahmeregelung, Bäume ohne Publikum aufzustellen, Gebrauch machen werden.

Der Maibaum-Kult ist übrigens nicht das einzige Brauchtum, das in den kommenden Wochen dem Veranstaltungsverbot in der Corona-Krise zum Opfer fallen wird. Auch auf die in den meisten Bundesländern traditionellen Georgiritte Ende April, die Maiandachten der katholischen Kirche und auf größere Muttertagsfeiern gilt es zu verzichten.

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