Dschihadisten-Prozess: Cobra stürmt Gerichtssaal

Polizisten am Dienstag vor dem Landesgericht Graz.
Die Spezialeinheit Cobra hat Prozess-Zuschauer eingekesselt. "Aufgrund einer Information, die die Sicherheit betrifft."

Aufregung im Grazer Landesgericht beim Finale im Prozess gegen den mutmaßlichen Dschihadisten und Prediger Mirsad O. alias Ebu Tejma, der als Verbindungsmann der Terrororganisation "Islamischer Staat" in Österreich gilt. Der Gerichtssaal musste geräumt werden, die Verhandlung wurde unterbrochen.

Der Grund für die erhöhte Wachsamkeit ist derzeit noch unklar. Die Spezialeinheit Cobra hat Prozess-Zuschauer eingekesselt, es wird außerdem mit einem Hund das Gebäude kontrolliert. Nach Mittag hätte eigentlich mit den Plädoyers begonnen werden sollen. Mitangeklagt ist bei dem Prozess auch ein Tschetschene, der für den IS gekämpft haben soll.

Alle Personen sollten noch einmal kontrolliert werden. Einzelne männliche Zuschauer wurden getrennt durch einen Ausgang hinausgelotst. Kurz darauf war das Aufgebot an Polizisten und Cobra-Beamten noch einmal deutlich erhöht und auch ein Hundeführer wurde hereingelassen. Laut KURIER-Informationen befanden sich rund 20 Polizisten im Saal.

Räumung ging keine konkrete Drohung voraus

Der plötzlichen Räumung des Gerichtssaals ist laut einer Sprecherin keine konkrete Drohung vorausgegangen. Der Landesverfassungsschutz habe jedoch bis kurz vor der Urteilsverkündung einen "sprunghaften" Anstieg bei der Besucherzahl wahrgenommen, weshalb eine neuerliche genaue Kontrolle aller Zuschauer im Gerichtssaal veranlasst wurde. Danach soll der Einlass in "geordneten Bahnen" erfolgen.

Die Kleine Zeitung dagegen berichtete auf ihrer Onlineseite, dass es eine Warnung aus Wien gegeben haben soll. Derzufolge seien unter den Zuhörern "als gefährlich eingestufte Mitglieder der Wiener Jihadisten-Szene. Ihnen sollte nicht der Zutritt verwehrt werden, ihnen wurde aber besonderes Augenmerk geschenkt", hieß es. Daher soll die Räumung und die Kontrolle der Zuschauer in der Sicherheitsschleuse veranlasst worden sein.

Das Gericht hatte sich gegen 14.40 Uhr für eine Beratung in einen der hinteren Räume zurückgezogen, während das Publikum im Gerichtssaal wartete. Gegen 15.15 Uhr wurde dann überraschend die Räumung veranlasst. Rund eine Stunde später begann die neuerliche Kontrolle und der Einlass der Zuschauer und der akkreditierten Journalisten in den Saal.

Islamismus-Sachverständiger Guido Steinberg hatte auf Antrag der Verteidigung für den heutigen Prozesstag zehn Predigten übersetzt, die bis dato nur zum Teil auf Deutsch vorlagen. An seiner ursprünglichen Einschätzung änderte das nichts: Der Angeklagte vertrete eine dschihadistische Ideologie – er werbe für den bewaffneten Kampf in Syrien und Tschetschenien, beharrt der Experte.

Sympathien für El KaidaMirsad O. vertrete in den zehn zusätzlichen Predigten „eine sehr radikale Form des Monotheismus“ und würde nur "eine sehr kleine Gruppe als Muslime akzeptieren", sagt Steinberg. Gegen den größten Teil der Menschheit wolle er den Dschihad führen. Zum Thema "Pflicht jedes Moslems" habe O. gemeint: "Islam ist nicht Frieden, der Angriff ist verpflichtend."

"Große Sympathien für El Kaida"

Aus den Texten ließen sich "große Sympathien für El Kaida" ableiten. Bezeichnend war für Steinberg aber die schwarze Fahne mit dem Propheten-Siegel, die in der Wohnung des Predigers gefunden wurde und die als IS-Flagge gilt: Sie wird ausschließlich von dschihadistischen Gruppierungen benutzt. "Mir war klar, da hat sich jemand entschieden." An letzterer Aussage schieden sich im Gerichtssaal die Geister.

O. hatte erst am Dienstag seine Aussage, wonach er unschuldig sei, wiederholt. Dem Zweitangeklagten werden Morde und Nötigung vorgeworfen. Am Abend könnte es ein Urteil geben.

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