Drogenkontrolle in OÖ: "Für die Menschen dort gibt es keine Grenze"
Drei Polizisten stehen vor der Zufahrt der Turmöl-Tankstelle vor dem Grenzübergang Passau-Achleiten und winken ein Fahrzeug nach dem anderen heraus – Schwerpunktkontrolle. 130 Meter weiter über der Grenze darf man nämlich seit rund einer Woche legal kiffen.
Damit die Zahl der Drogenlenker hierzulande nicht ansteigt, kündigte die Polizei Schwerpunktkontrollen in den Grenzgebieten an. So wie auch vergangenen Freitag vor der Tankstelle am Grenzübergang. Die Angst vor der Polizeikontrolle ist vielen Lenkern ins Gesicht geschrieben, wie ein Lokalaugenschein zeigt.
Eilig werden Fenster heruntergekurbelt, „Wo soll ich mich hinstellen?“, fragt sogleich eine junge Frau. Doch sie wird nur weitergewunken – so wie viele Frauen. Stutzig wird die Polizei bei einem jungen Mann.
„Wieso so nervös?“
„Grüß Gott, Verkehrskontrolle. Führerschein und Zulassung bitte. Wo kommen S’ denn her?“, fragt Gruppeninspektor Peter Schmidbauer. „Ich war bei einer Schulung“, antwortet Andreas R. Seine Augen sind leicht gerötet.
Er muss zum Alkotest. 0,0 Promille. „Wieso sind’s denn so nervös?“, will der Beamte wissen. Es sei ja nicht alltäglich, dass man eine Polizeikontrolle habe, lacht R. Anschließend geht es noch zum Urintest in die Tankstelle. Konsumiert hat der junge Mann aber nichts. „Ich hab nichts genommen, das hat im Straßenverkehr auch nichts verloren. Ich bin nur schon lang wach“, sagt Andreas R. nach der Kontrolle.
Keine seriösen Zahlen
Wie viele Drogenlenker in Oberösterreich im Zusammenhang mit der Cannabis-Legalisierung in Deutschland schon erwischt wurden, „lasse sich nach einer Woche noch nicht seriös beantworten“, hieß es auf Anfrage von der örtlichen Polizei. Laut Bezirkspolizeikommandant Matthias Osterkorn wurde im Grenzgebiet zuletzt am Samstag ein Drogenlenker aufgehalten.
„Der Mann war wie weggetreten. Da waren neben Cannabis noch andere Substanzen im Spiel. Es wird meiner Meinung nach aber noch dauern, bis man aussagekräftige Zahlen veröffentlichen kann, welche Fälle tatsächlich mit der Legalisierung in Deutschland zusammenhängen“, sagt der Bezirkspolizeikommandant.
Fest steht, dass die Zahl der ertappten Drogenlenker in Oberösterreich in den vergangenen Jahren anstieg: Sie hat sich – nicht zuletzt aufgrund von viel mehr Kontrollen – im Zeitraum von 2017 bis 2023 mehr als verdreifacht, von jährlich 420 auf 1.500 Drogenlenker.
- Am 22. März war mit dem Bundesrat auch die letzte Hürde auf dem Weg zur Cannabis-Legalisierung in Deutschland genommen worden.
- Bis zu 25 Gramm dürfen Einzelpersonen mit sich führen. Zu Hause darf man sogar bis zu 50 Gramm lagern. Auch der Anbau von weiblichen Cannabispflanzen – nur die produzieren Blüten mit dem Wirkstoff THC – ist jetzt legal, allerdings auf maximal zwei Pflanzen pro Person beschränkt.
- Das Rauchen von Cannabis in der Öffentlichkeit ist nun grundsätzlich erlaubt, es gibt aber Einschränkungen: In der näheren Umgebung von Kindergärten, Schulen, Sport- und Spielplätzen darf nicht gekifft werden, in Fußgängerzonen gilt ein Verbot von 7 bis 20 Uhr.
- In Cannabis-Clubs dürfen Mitglieder in Zukunft auch gemeinsam Pflanzen anbauen. Mitglied kann man nur werden, wenn man 18 Jahre alt ist und mindestens sechs Monate einen Wohnsitz in Deutschland hat. Experten vermuten, dass speziell Grenzstädte wie Freilassing oder Passau zu Cannabistreffs werden könnten.
- Klärungsbedarf gibt es in Deutschland vor allem noch bei Cannabiskontrollen im Straßenverkehr. „Während ein Atemalkoholtest durch die Polizei einfach und grundrechteschonend durchgeführt werden kann, verhält es sich bislang bei Cannabiskonsum deutlich komplizierter“, sagte der neue Polizeibeauftragte des Bundes Uli Grötsch (SPD). Auch die Gewerkschaft der Polizei klagte über mangelnde Rechtssicherheit und fehlende Ausstattung zur Durchführung der Cannabiskontrollen.
- Was bedeutet die Teillegalisierung nun für Österreich? Aus rechtlicher Sicht ändert sich hierzulande nichts. Nach wie vor bleiben Besitz, Handel und Konsum verboten. Eine Legalisierung dürfte demnach nicht Sicht sein. Das sei „nicht Teil des Regierungsprogramms“, heißt es aus dem Kabinett von Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne).
„Grenzen sind fließend“
In Salzburg gab es seit 1. April noch keinen Aufgriff von Lenkern unter Suchtmitteleinfluss bei Schwerpunktkontrollen, hieß es seitens der LPD. In Tirol wurden zwischen 1. und 4. April rund zwei Dutzend Amtshandlungen mit Drogenlenkern geführt – keine davon war aber in unmittelbarer Grenznähe bzw. mit Deutschland-Bezug.
Um von Drogentourismus zu sprechen, dürfte es demnach noch zu früh sein. Bezirkspolizeichef Osterkorn rechnet aber in Zukunft mit Einkaufstourismus im Grenzverkehr. „Die Grenze zu Deutschland existiert für Menschen, die hier wohnen, gar nicht. Sie haben Freunde und Verwandte über der Grenze, das ist fließend. Deshalb glaube ich, dass vor allem bei deutschen Staatsbürgern die Hemmschwelle sinken wird, Cannabis über die Grenze zu bringen.“
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