Die Zahlen steigen rasant: "Da läuten die Alarmglocken"
3.239 neue Corona-Infektionen wurden am Mittwoch gemeldet - so viele waren es heuer noch nie an einem Tag.
Innerhalb von nur einem Monat hat sich die Zahl der täglichen Neuinfektionen verdoppelt. Statistiker befürchten, dass dies kein böser Ausreißer ist: Bei gleichbleibender Steigerung könnte die 4.000 er-Marke in den nächsten sieben Tagen fallen. Damit hätten sich die Neuinfektionszahlen in nicht einmal zwei Monaten vervierfacht.
Zuletzt bewegten sich die Werte Anfang November in dem Bereich um 4.000 - kurz danach wurde Österreich in den zweiten harten Lockdown geschickt.
Derzeit gilt ein weicher Lockdown, vieles hat geöffnet, die Ausgangsbeschränkungen tagsüber sind aufgehoben. Doch die Infektionszahlen steigen seit Wochen ungebremst, das zeigt sich auch den 7-Tages-Inzidenzen, den Fallzahlen pro 100.000 Einwohner: Mit Stand Mittwochnachmittag liegt Österreich bei einem Wert 210 von einer noch vor wenigen Wochen politisch propagierten 50er-Inzidenz, um ganz öffnen zu können, ist das Land sehr weit entfernt.
Im Gegenteil: Neun Bezirke weisen Werte von mehr als 300 auf, drei sogar mehr als 400, darunter die Stadt Wiener Neustadt sowie Wiener Neustadt Land und St. Johann im Pongau (Salzburg). Messwerte, die Konsequenzen haben: In Wiener Neustadt gelten Ausfahrtstests ebenso wie in einigen Pongauer Gemeinden.
"Geduldsfaden gerissen"
Die hohen Fallzahlen mit den verstärkten Tests vor Schul- und Friseurbesuch oder Bezirksausreise zu erklären, greife jedoch viel zu kurz, mahnen Experten. Heinz Burgmann, Infektiologe am AKH Wien, vermutet, dass die Testungen nur zehn bis 15 Prozent des hohen Ergebnisses ausmachen. Vielmehr ginge es um die Art des Virus wie das aktuelle Verhalten der Menschen: So sei die längst festgesetzte britische Virusmutation wesentlich länger infektiös (deshalb müssen positiv Getestete nun 14 statt zehn Tage in Quarantäne). Zudem würden auch die Vorsichtsmaßnahmen der Österreicher lascher. „Viele Leute halten sich einfach nicht mehr an die Maßnahmen, Abstand, Maske tragen, weniger Leute treffen“, vermutet Uni-Professor Heinz Burgmann. „Aber nach einem Jahr müsste wohl jeder wissen, wie dieses Virus übertragen wird.“
Mediziner Hans-Peter Hutter vom Zentrum für Public Health der Meduni Wien diagnostiziert ähnlich: „Ein bisschen scheint der Geduldsfaden gerissen zu sein. Egal, wo man hinschaut, die Leute wollen sich treffen, und sie tun es auch.“ Das Problem sei jedoch, dass Leute, die die Maßnahmen nicht mehr vollends beachteten, sich nicht nur untereinander treffen, sondern auch Kontakt zu Risikogruppen hätten.
515 Intensivpatienten befürchtet
Das zeigen auch die Zahlen in den Spitälern. Das sei der eigentlich besorgniserregende Faktor, betont Burgmann. „Die Zahl der Neuinfizierten ist die Menge, aus der sich die Patienten auf Normalstationen und Intensivstationen rekrutieren.“ Auch diese Zahlen steigen, zeitversetzt freilich: 400 Patienten auf Intensivstationen gab es zuletzt kurz nach Weihnachten beim Abebben der zweiten Welle. Nach einer geringfügigen Entlastung in den vergangenen knapp drei Monaten steigt die Zahl nun wieder - mit deutlichem Trend: Während es in Österreich am 22. Februar mit 255 belegten Intensivbetten den niedrigsten Wert seit Beginn der zweiten Welle gab, waren Mittwoch wieder bei genau 400 belegt. Burgmann: „Da läuten bei mir die Alarmglocken.“ Prognosen zeichnen zudem ein düsteres Bild: Für Ende des Monats werden bereits 515 Intensivpatienten befürchtet.
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