Die Liebe in den Zeiten von Corona

Brandy und Manuel genießen die Zweisamkeit.
Seit einem Jahr sind Manuel und Brandy ein Paar. Er ist aus Österreich, sie aus Hawaii.

Brandy stapft die Treppe herunter und betritt mit einem Stapel Papiere in der Hand das Esszimmer. Sie setzt sich an den Tisch und breitet sie neben dem frisch angerichteten Apfelstrudel und ein paar herzförmigen Cookies, die in einer gläsernen Schale liegen, aus: Fotos, Chatverläufe, eMails, Gesetzestexte, Meldezettel, Pass und ein Flugticket – mit Wien als Ziel-Flughafen.

Die Liebe in den Zeiten von Corona

Mit gemeinsamen Fotos und Chatverläufen belegte Brandy, dass sie ein Paar sind.

Seit 17. Dezember ist die gebürtige Hawaiianerin im Land – genauer gesagt in NÖ in Waidhofen an der Ybbs. Gekommen ist sie wegen der Liebe: Manuel sitzt neben ihr. Er ist der Mann, der von den Fotos lacht. Seit einem Jahr sind die beiden ein Paar, fast genauso lange wie Corona wütet.

Kennengelernt haben sie einander auf Maui (Insel von Hawaii, Anm.). „Ich war dort Helikopterpilot und flog Touristen durch die Gegend“, erzählt Manuel. Brandy arbeitete vom Boden aus. „Weil ich die Tourenplanung von seinen Routen übernehmen sollte, hüpfte ich ein paar Mal in seinen Helikopter“, ergänzt Brandy auf Englisch.

Zeitverschiebung

Nur kurze Zeit später kam, wie in Österreich, in Hawaii der Lockdown, ihre Arbeit kam zum Erliegen. „Orte, wo sich sonst Touristen tummelten, waren leer. Wir unternahmen viel“, erzählt Brandy. „Alles begann mit Corona“, fügt Manuel hinzu. Doch ihre gemeinsame Zeit war begrenzt: Manuels Visum lief aus. „Zudem wurde es schwierig, gute Flüge zu bekommen.“ Etwas früher als geplant, reiste er bereits am 16. August ab.

Sahen sie sich zuerst quasi rund um die Uhr, hatten sie plötzlich nur Kontakt via Handy. Mit 12 Stunden Zeitverschiebung waren gemeinsame Zeitfenster aber rar. Schnell war klar: Brandy soll nach Österreich kommen.

Doch die weltweite Pandemie stellte sich dazwischen: USA und Österreich, unterschiedliche Länder, unterschiedliche Bestimmungen – die zudem „schwammig“ formuliert gewesen seien. „Es war kein Schwarz und kein Weiß, es war ein Graubereich“, sagt Manuel. Auch die Bundesministerien sowie die Botschaft konnten keine klaren Antworten geben. „Wir mussten herausfinden, ob Brandy in eine der Ausnahmeregelungen passt“, sagt Manuel.

Direktflug beste Chance

Die Wochen vergingen. Aus dem geplanten Oktober wurde Dezember. Mit der Zeit sei die Gesetzeslage zwar strikter, aber auch klarer geworden, so Manuel. „Kurz vor Weihnachten beschlossen wir, dass sie nun fliegen muss, bevor die Einreisebestimmungen weiter verschärft werden. Wir wussten auch, dass ein Direktflug die beste Chance ist.“

Eine Woche hatte Brandy, um zu packen – und Dokumente vorzubereiten. „Wenn ich das alles so sehe, fühle ich jetzt noch den Stress“, sagt sie und blickt auf die Papiere vor ihr. „Ich musste ja beweisen, dass er mein Lebenspartner ist.“ Die Mühe lohnte sich: Ihre große Menge an Dokumenten reichte.

Die Liebe in den Zeiten von Corona

Der Winter war für Brandy neu. Noch nie zuvor hatte sie Bäume ohne Blätter gesehen.

„Im winterlichen Österreich angekommen, war alles so anders. Ich habe noch nie Bäume ohne Blätter gesehen“, sagt Brandy. Auch auf Schnee zu gehen sei eine Herausforderung gewesen. Ausrutscher waren – im wahrsten Sinn – vorprogrammiert. Erzberg, Graz, Hallstatt, Eislaufen am Wiener Rathausplatz, beim Onkel am Bauernhof helfen – sie nutzen die Zeit, um trotz des Lockdowns Österreich zu erkunden. Salzburg steht nun noch an.

Doch viel Zeit bleibt nicht: Brandys Touristenvisum läuft aus. Am 1. März fliegt sie zurück. Wann sie einander wiedersehen, hängt von Corona ab: „Wir planen nichts. Da wird man nur enttäuscht. Wir können nur vertrauen“, so die beiden.

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Manuel und Brandy helfen regelmäßig beim Onkel am Bauernhof, um sich die Zeit zu vertreiben.

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