Paare erzählen von ihrer Corona-Liebesgeschichte
Tag für Tag bot sich den Fotografen auf den Straßen von Beverly Hills das gleiche Bild: Ben Affleck mit seiner neuen Freundin Ana de Armas, turtelnd, busselnd, eng umschlungen, die Hunde Gassi führend, gekleidet im legeren Lockdown-Look und mit abgestimmten Pärchen-Masken, die nur zum gelegentlichen Knutschen gelüftet wurden. Während die Welt zum Erliegen kam, gerieten der Hollywoodstar und die junge kubanische Schauspielerin im vergangenen Frühjahr in den sozialen Medien zum Inbegriff des Lockdown-Liebespärchens.
Wie sich das Virus mit all seinen Begleiterscheinungen auf Beziehungen und Frischverliebte auswirken würde, war zu dieser Zeit noch ein großes Fragezeichen. Inzwischen liegen erste Studien und Umfragen vor, die zu einem ähnlichen Schluss kommen: Ein Großteil der Paare ging aus der Krise gestärkt hervor, wobei es Familien mit Schulkindern und wenig Platz um einiges schwerer hatten.
"Menschen haben gemerkt, wer ihnen wichtig ist"
„Wir alle empfinden die jetzige Situation als besonders herausfordernd. Umso dankbarer sind Paare, die aktuellen Herausforderungen gemeinsam meistern zu können“, fasst Caroline Erb, Psychologin bei der Dating-Plattform Parship, die Ergebnisse einer Studie zusammen. Zwei Drittel der Befragten gaben dabei an, dass die Pandemie ihre Partnerschaft zum Besseren verändert hat. Bereits im April untersuchte die Soziologin Barbara Rothmüller, wie die auferlegte Distanz Intimität in Beziehungen beeinflusst. Eine ihrer Erkenntnisse: „Die Menschen haben in der Krise gemerkt, wer ihnen wichtig ist und nahe steht, und haben die Zeit genutzt, um diese Verbindungen zu vertiefen.“ Herzerwärmend: Mehr als 80 Prozent der Vergebenen konnten sich für die Isolation keine bessere Person vorstellen als ihren Partner.
Weniger rosig verliefen die vergangenen Monate für Singles auf Partnersuche – durch die gezwungene Einsamkeit wuchs bei vielen der Wunsch nach körperlicher Nähe und einer fixen „Bezugsperson“. Viele versuchten ihr Glück auf Online-Dating-Plattformen – und würden fündig.
Zwischen Quarantäne und Lockdown
Eines dieser „Corona-Couples“ sind Michael und Emil, die seit November 2020 gemeinsame Wege gehen. „Unser Timing war ein Glücksfall“, erzählt Michael (20) dem KURIER. „Wir hatten in der Kaserne beim Bundesheer ein paar Corona-Fälle. Zwischen meiner Quarantäne und dem zweiten Lockdown lag genau ein Tag – an dem haben wir uns getroffen und gleich verliebt. Es hat einfach gepasst.“ Der Valentinstag wird mit einem Filmabend zelebriert. „Ich schenke ihm ein Schachbrett – weil er die Serie ,Das Damengambit’ so mag.“
Auch Christoph und Isabella feiern heute ihren ersten Valentinstag (siehe unten). Für Aylin und Thomas ist es der erste nach ihrer Verlobung, Julia und Christoph haben im Corona-Jahr in abgespeckter Form geheiratet und es keine Sekunde bereut.
Und Ben Affleck? Seine Lockdown-Romanze mit Ana de Armas fiel der zweiten Corona-Welle zum Opfer. Aktuell führt der 48-Jährige seine Hunde alleine aus. Aber auch das kann sich ganz schnell ändern.
Aylin (29) und Thomas (28)
Seit Dezember trägt Aylin einen besonderen Ring am Finger. Ein blauer Stein mit Flügeln, der an den Schnatz bei Harry Potter, ihr Lieblingsbuch, erinnert. Eigentlich hatte Thomas einen roten in Auftrag gegeben, doch dann stand er mit seiner Liebsten bei einer Edelstein-Ausstellung im Museum und hörte sie sagen: Mit rotem Schmuck kann ich nichts anfangen. Schau, wie schön die blauen Steine sind! „Ich habe sofort meinen Goldschmied angerufen und gesagt: Wir brauchen einen blauen!“
Vorweg: Es zahlte sich aus – sie hat Ja gesagt, 2022 wird geheiratet.
Dabei hätte 2020 für Aylin und Thomas auch anders ausgehen können. Von einem Tag auf den anderen war der Terminkalender der Eventfotografin (www.aylin-fotografie.at) leer, während ihr Freund, ein IT-Fachmann, in Arbeit unterging. „Es war sehr merkwürdig“, erzählt die 29-Jährige, „plötzlich stand ich zu Hause und wusste nicht, was ich tun soll. Und Thomas war es gar nicht gewohnt, von daheim zu arbeiten.“
Neun Jahre ist es her, dass der 28-Jährige am Novarock-Festival in ihr Zelt stolperte und sie am Frequency-Festival wieder traf – seitdem sind sie unzertrennlich. „Heiraten war immer ein Thema, ich habe trotzdem gar nicht mit einem Antrag gerechnet“, sagt sie. Er sagt: „Mir wurde im ersten Lockdown klar, dass es jetzt passt. Wir sind die ganze Zeit aufeinander geklebt und hatten keine Probleme.“
Es stellte sich heraus: Einen Antrag zu planen, wenn beide immer zu Hause sind, ist gar nicht so einfach. „Wenn ich mal einen Termin hatte, wollte er immer ganz genau wissen, wie lange ich weg bin“, erzählt Aylin.
Der große Moment kam dann doch recht spontan. Die gebürtige Berlinerin war gerade dabei, den Geschirrspüler auszuräumen, als er „mit lustigen Sprüchen ankam“, eine Hand auffällig hinter dem Rücken versteckt. Echte Romantik braucht kein Fünf-Sterne-Restaurant, da sind sich die beiden einig. „Immer, wenn wir die Geschichte erzählen, müssen wir lachen. Sie passt einfach zu uns.“
Isabella (49) und Christoph (46)
Für Christoph hatte Corona auch etwas Gutes: Ohne die Krise wäre er Isabella nie begegnet. Nach seiner Scheidung lernte der Unternehmer und Bürgermeister einer kleinen Gemeinde Anfang 2020 wieder eine Frau kennen – „aber dann kam der erste Lockdown und das Ganze hat sich irgendwie verlaufen“.
Also wagte er auf der Dating-Plattform Elitepartner einen neuen Versuch. Schicksal und Algorithmus meinten es gut mit dem 46-Jährigen. „Am Anfang sieht man ja kein Foto. Aber was Isabella geschrieben hat, war sehr ansprechend.“ Von den fünf „Eisbrecher“-Fragen, die beide beantworten mussten – Meer oder Berge? Essen gehen oder kochen? Balkon oder Garten? – hatten sie fünf Übereinstimmungen. Bingo. Und wie passend, dass auch das erste Treffen – ganz spontan – im Eisgeschäft stattfand, als die Lokale im Frühsommer aufsperrten. „Ich hab sie vorgewarnt, dass ich im Arbeitsgewand komme. Als Isabella auf mich zukam, sah sie aus wie vom Laufsteg – da haben meine Augen zu funkeln begonnen.“
Obwohl beide zur selben Zeit mit ihren Kindern in Kärnten urlaubten, sahen sie einander erst danach wieder – „wir wollten uns sicher sein, bevor wir die Kinder zusammenführen“. Glücklicherweise verstand sich Christophs achtjähriger Sohn bestens mit den beiden Kindern der 49-jährigen Krankenschwester. „Jetzt fragen die Buben immer, wann sie den anderen wiedersehen.“ Die zweite Corona-Welle schweißte das Paar endgültig zusammen. „Ich denke immer, hoffentlich steckt sie sich in der Arbeit nicht an, denn dann könnte ich sie zwei Wochen nicht sehen. Wir schweben einfach auf Wolke sieben.“
Julia (24) und Christoph (31)
Eine richtige „Land-Hochzeit“ sollte es werden, mit Band, Pfarrer und 150 Gästen, noch dazu an ihrem Traumdatum, dem 6. 6. 2020. Eine Vorstellung, von der sich die jungen Zillertaler Julia und Christoph im Laufe des März langsam zu verabschieden begannen. „Natürlich stand zuerst im Raum, dass wir die Hochzeit verschieben. Im Nachhinein sind wir froh, dass es anders gekommen ist. Im Mai hat sich herauskristallisiert, dass eine Trauung im engsten Kreis wohl möglich sein wird – darauf haben wir spekuliert und wollten den Termin unbedingt einhalten.“
Der Termin hielt – zehn Gäste waren dabei, als sich die Volksschullehrerin und der Geschäftsleiter im Familienbetrieb auf dem Standesamt das Jawort gaben. „Die Hochzeit wird nicht nur wegen Corona unvergesslich bleiben“, schwärmt Christoph. „Trotz aller Beschränkungen haben sich unsere Familien und Freunde viele Überraschungen für uns überlegt. Statt der Band bekamen wir eine musikalische Umrahmung in kleinerer Ausführung und unsere offiziell nicht eingeladenen Freunde haben uns vor dem Standesamt überrascht. Durch die Reduktion auf ein paar Gäste war die Feier umso intimer und man hatte Zeit, mit allen zu plaudern. Rückblickend hätte es auch ohne Corona nicht besser laufen können. Und die schönen Fotos sind für uns das Tüpfelchen auf dem i.“
Schöne Erinnerungen, die über schwierige Phasen hinwegtrösten. Zum jungen Eheglück mischten sich durch die Pandemie bedingte Jobunsicherheit und finanzielle Sorgen. „Weil der Tourismus so abrupt wegbrach, hatte Christoph plötzlich viel Zeit – sehr viel. Ich auch, weil ich noch studiert habe. Das ist zwar schön, birgt aber auch Herausforderungen“, sagt die Lehrerin. „Wir haben gelernt, uns gegenseitig Freiräume zu geben, jedem seine Hobbys zuzugestehen und die Verhaltensmuster des anderen zu akzeptieren. Die Situation hat uns gezeigt, dass wir noch kompatibler sind als gedacht – also wenn, dann hat sich die Pandemie auf unsere Beziehung jedenfalls positiv ausgewirkt.“
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