Die Esche stirbt in ganz Österreich

Forstbesitzer Michael Bubna-Litic zeigt Verfärbungen im Holz
Praktisch alle Exemplare bundesweit betroffen / Gefahr erzwingt immer mehr Forstsperren.

Österreichs bisher zweithäufigster Laubbaum, die Esche, ist dem Tode geweiht. Ein aus Asien eingeschleppter Pilz hat sich im gesamten Bundesgebiet verbreitet und lässt einen Baum nach dem anderen umkippen, weil seine Wurzeln abfaulen.

Weil das ohne Vorwarnung auch bei Windstille passieren kann, wird Österreichs beliebtestes Naherholungsgebiet in der nahen Zukunft ein gefährliches Gebiet sein. Zumindest bis der Großteil der Eschen umgestürzt oder geschlägert ist. Das gilt für einen Großteil aller Flussauen ebenso wie für Wälder im Gebirge an Gewässern. Mehrere Tausend Hektar sind in NÖ bereits aus Sicherheitsgründen gesperrt. Und das ist nur der Anfang.

Wanderwege

Für den Tourismus bedeutet das bundesweit eine enorme Herausforderung, weil Eschen gerade im Gebirge genau dort stehen, wo die meisten Wanderwege verlaufen: an feuchten Standorten entlang von Bächen und Flüssen. In Nationalparks – beispielsweise Donauauen oder Kalkalpen – arbeitet man verbissen daran, die Sicherheit von Wanderern und Radfahrern zu gewährleisten. Das ist aber nur durch aufwendige Kontrollen entlang der Wege und vorbeugendes Fällen möglich. Noch ist man ohne das Sperren von Wanderwegen ausgekommen. Ob es dabei bleibt, ist ungewiss. Weil in Nationalparks abseits der Wege betroffene Bäume nicht angetastet werden, herrscht dort besonders große Gefahr.

"Die Situation ist dramatisch. Mehrere Tausend Hektar Auwald sind bereits gesperrt", erklärt Reinhard Hagen von der Landesforstdirektion in NÖ. Die Waldbesitzer kommen mit Sicherungsarbeiten – dem Fällen betroffener Bäume entlang der Wege – nicht nach. Die Bezirksförster sind angewiesen, in Gemeinden auf die Gefahr aufmerksam zu machen.

Rund 500 Hektar Auwald zwischen dem Kraftwerk Theiß und der Rollfährstraße Grafenwörth am Nordufer der Donau sowie von Hollenburg bis Traismauer am Südufer sind deshalb seit kurzem Sperrgebiet. "Ich will nicht der erste sein, bei dem jemandem ein Eschenbaum auf den Kopf fällt", erklärt Förster Michael Bubna-Litic vom Forstbetrieb Bubna mit Sitz in Donaudorf bei Krems. Er ist nicht der Einzige, der sich dazu gezwungen sieht, so zu handeln.

"Die Eschen fallen ohne Vorwarnung und ohne einen Windstoß um, weil der Pilz ihre Wurzeln absterben lässt. Meine Frau hat das kürzlich ganz in der Nähe des Forsthauses beobachtet", berichtet Bubna-Litic. "Die Forstarbeit ist deshalb auch extrem gefährlich. Jäger betreten den Wald auf eigene Gefahr. Wer immer die Warnschilder missachtet, tut das ebenfalls auf eigenes Risiko", betont er.

Schmerzhaft

Der Schaden für die Forstbetriebe ist enorm, weil viele Bäume gefällt werden müssen, bevor sie eine gut vermarktbare Größe erreicht haben. Gleichzeitig weist das Holz der erkrankten Bäume Verfärbungen auf, die den Preis mindern.

"Das ist ein weiterer harter Schlag. Vor 30 Jahren hat eine Krankheit die Ulmen hinweggerafft, die in diesen Gebieten einen großen Anteil hatten. Nun verschwinden die Eschen. Es bleibt für die Bewirtschaftung der Auwälder kaum eine gut verwertbare Baumart übrig", sagt Bubna-Litic.

"Derzeit fallen auf dem Markt enorme Mengen an Eschenholz an, die den Preis einbrechen lassen", erklärt Felix Montecuccoli, Präsident des Verbandes österreichischer Land- und Forstbetriebe.

Signalpilze

Ein Warnhinweis im Wald sind übrigens die sogenannten Hallimasch-Pilze (auch Honigpilze genannt). Sie siedeln sich häufig entlang der Wurzeln befallener Bäume an und geben den Bäumen den Rest.

Ihre Anwesenheit signalisiert höchste Gefahr.

Wald verändert sich dauerhaft

Die Esche stirbt in ganz Österreich
Thomas Geburek - forscht zur Rettung der Esche
„Betroffen ist der gesamte Eschenbestand in Österreich“, erklärt Thomas Geburek vom Institut für Waldgenetik am Bundesforschungszentrum für Wald (BFW). Er gilt als anerkannter Spezialist für die aktuelle Eschenkrankheit, die von einem eingeschleppten Pilz namens Hymenoscyphus fraxineus ausgelöst wird.
Die Einschätzung der Situation klingt wie ein Nachruf auf die Esche, deren Holz gut für Parkettböden, Furniere oder Werkzeugstiele geeignet ist. Und die in der nordischen Mythologie für den Weltenbaum „Yggdrasil“ steht, der den gesamten Kosmos verkörpert.
„Die Esche ist oder besser war der zweithäufigste Laubbaum in Österreich“, erklärt der Forscher Geburek, der im Rahmen der bundesweit groß angelegten Aktion „Esche in Not“ nach Möglichkeiten für das Überleben der bedrohten Baumart sucht. Das ist aufwendig und dauert lange. Denn zuerst muss man im ganzen Bundesgebiet Bäume lokalisieren, die mitten in erkrankten Beständen stehen und trotzdem resistent wirken.
Ein Grundproblem ist, dass das Erscheinungsbild der Krankheit in verschiedenen Gebieten und bei unterschiedlichen Rahmenbedingungen variieren kann.
Bisher wurden bundesweit 580 vermutlich resistente Bäume gefunden. Mit ihren Samen und Nachkommen laufen Tests.
„Die widerstandsfähigsten männlichen und weiblichen Pflanzen sollen einen weitgehend unempfindlichen Nachwuchs bringen. Von etwa 1000 Mutterbäumen wollen wir schließlich 50.000 Nachkommen gewinnen“, erklärt Geburek den Plan. Bis man genug von ihnen hat, um neu auszupflanzen, werden mindestens 15 Jahre vergehen. „Inzwischen versuchen wir, mit angewurzelten Ästen über die Runden zu kommen“, sagt er.
Das großflächige Sterben der Eschen hat aber auch Auswirkungen auf andere Arten: Der streng geschützte und vom Aussterben bedrohte Eschen-Scheckenfalter oder Maivogel (Euphydryas maturna) dürfte im Nationalpark Kalkalpen mit den Bäumen seine Lebensgrundlage verlieren. Zuletzt hatte man noch 40 Raupennester gefunden. Die Aussichten sind düster: Im ganzen Nationalpark wurde noch keine Esche gefunden, die nicht angesteckt ist.

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